Oder „Durex, Duplo, Resterampe!“ – Heidelberger Kunstverein bot zusammen mit dem Künstler Wilhelm Klotzek „Transgender in Hoyerswerda – Wie es wirklich war.“
Es war mal wieder eine Ausstellung mit einem ganz „coolen“, um nicht zu sagen „verrückten“ und vielversprechenden Titel. „Dosen, Duschgel, Rivercola“, drei charakteristische Lebensmittel der ehemaligen DDR, deren Anfangsbuchstaben sich auch kongenial zur selbigen formieren lassen. Und wer schon einmal vor der Wende in Ostberlin war und die berühmt-berüchtigte Rivercola probierte, der wird diesen ersten Moment, dieses einmalige Gefühl und diesen außergewöhnlichen und unvergleichlichen Geschmack niemals vergessen, und auch den Augenblick nicht, als er nach dem ersten Schluck den kompletten Inhalt der Flasche fein säuberlich in einen Blumenkübel oder einen Straßengulli gegossen hat. So war diese Ausstellung quasi ein MUSS, alte Erinnerungen wieder zu erwecken oder in deren Nostalgie zu schwelgen.
Nach einer kurzen Begrüßung von Direktorin Frau Susanne Weiß griff der Berliner Wilhelm Klotzek zu seiner Gitarre und begann, mit berlinerischer Schnautze, uns die Fotos seines Vaters Peter Woelck musikalisch in Form eines Fotografien-Blueses vorzustellen. Die schwarz-weiß Bilder, die sehr viele Facetten und Klischees der damaligen DDR zeigten, untermalte Klotzek mit lustigen und amüsanten Geschichten, und brachte uns so seine sozialistische Lebenswelt der Siebziger und Achtziger näher.
Neben dieser „Hommage“ an die damalige Zeit, brachte Wilhelm Klotzek uns in seiner aktuellen Ausstellung „Transgender in Hoyerswerda. Wie es wirklich war“, auch seine Kunstwerke näher, die er zusammen mit seinem Kollegen David Polzin unter dem metamorphosen Künstlernahmen Klozin (Klotzek und Polzin) kreiert hatte. Dabei handelt es sich primär um monumentale geschichtliche Ereignisse. Diese erstellten die beiden Künstler teils mit kompletten, teils mit zerschnittenen Zigarettenschachten und aberwitzigen Zigarettenstummelmännchen. Zu sehen gibt es zum Beispiel den Fall der Mauer, sowie die anschließende Presseerklärung vom 09. November 1989 im Politbüro des Zentralen Komitees der SED mit dem berühmten Satz von Günter Schabowski „Nach meiner Kenntnis ist das sofort!“
Im oberen Teil des Kunstvereins hatte der Künstler dann ein paar ganz typische Sachen aus DDR-Zeiten ausgestellt und progressiv verändert. Allein schon die Anordnung der Gegenstände brachte einem zum Schmunzeln. Auch hier begleitete uns Klotzek mit seiner Gitarre und seinen heiteren musikalischen Erzählungen und Gedichten. Dabei spann er auch geschickt einen gelungen Bogen zwischen Ost und West „Durex, Duplo, Resterampe“ und bewegte sich zwischen den einzelnen Klischees hin und her, ohne dabei seinen trockenen Berliner Humor zu vergessen.
Neben der Dosen-, Dusch- und Rivercola-Sonderausstellung, gab es natürlich auch die aktuelle Vernissage zu sehen. Unter dem märchenähnlichen Titel „Es war einmal ein Land“, gab es die fantastische Portraitzeichnungssammlung „I strongly believe in our right tob e frivolous“ von der libanesischen Künstlerin Mounirah Al Solh zu sehen. Topaktuell verkörpern die einzelnen Zeichnungen die derzeitige Situation im Orient. Sowohl die gezeichneten Gesichter, aber auch die Begleittexte wie zum Beispiel: „Für gewöhnlich missbrauchen sie Kurden. Terroristen reisen von den Niederlanden nach Saudi Arabien. Und von Damaskus nach Aleppo. Wir haben keine Revolution gesehen, wir sahen Zerstörung. Ich habe geisteskranke Kämpfer aus Tschetschenien, aus Afghanistan, Tunesien und Algerien“, regen sehr zur Nachdenklichkeit an, und spiegeln teilweise ganz drastisch das große Schicksale von Flüchtlingen wieder.
Bemerkenswert wie gut die junge libanesische Künstlerin die Charakteren zum Ausdruck brachte; Gesichtszüge, die auf den gelben Hintergründen, fast schon signalfarbig auf den Betrachter wirkten.
Ein langer Tisch mit Linealen von Cevdet Erek, die unterschiedliche Zeitepochen darstellten, war der nächste ganz interessante Blickfang. Die Lineale zeigten nämlich im Zentimeterabstand ganze Jahre, geschichtliche Jahrzehnte oder historische Jahrhunderte.
Daneben gab es noch eine schöne C-Print-Kollektion aus Zypern von Johanna Diel zu bewundern, und die Skulpturen der Posthumous Production Serie von Iz Öztat mit Zişan.
So konnten wir auch dieses Mal, mit der gesunden Mischung aus DDR-Nostalgie, „Berliner Schnauze“, orientalischer Portraits- und Kunstwelt, sowie dem Zypriotischen Alltag, sehr viele neue Eindrücke mit nach Hause nehmen.
Bilder: Alexander Höfer
Diese Berichte könnten euch auch interessieren:
[7P] | Auschwitz | Badisches Wochenende | Battleground Afghanistan |
Tout d’un Loup | Tour der Kultur | Reife Früchte | 6. Quilt-Triennale |
ANIMUS KLUB
Die größte Kunst ist es, etwas zu machen, während andere nichts machen!
„Hat euch unser Bericht gefallen?“ – Wenn ja, dann würden wir uns über euer „Like“ und einen Kommentar auf Facebook sehr freuen. Vielen Dank