Die drei „olympischen“ Ringe – 68 beeindruckende Teile in Acryl, Gesso und Sprühlack sowie hängende Sandwich-Matten! – PORT25 eröffnet in der Krise eine kunterbunte und sportliche Kunstvernissage!
Da staunte unsere Viktoria wirklich nicht schlecht, als sie den großen Ausstellungsraum des PORT25 betrat; hatte sie die ausgestellten Werke unserer letzten zwei Besuche doch noch in bester Erinnerung. Nun erstrahlte der Raum für Gegenwartkunst mit völlig anderen und neuen Kunstwerken. So wie immer, war alles anders. Die Gestaltung des Raumes, das Licht, die Anordnung der Werke und natürlich auch die ausgestellten Exponate. Es war wieder verblüffend zu sehen, wie sich dieser große Raum in ganz kurzer Zeit völlig verwandelte und doch irgendwie im Herzen gleich blieb, denn ausgestellt waren wie immer geniale und außergewöhnliche Kunstwerke von hiesigen Künstlern.
„Crisis? What Crisis?“ – Nein, es geht ausnahmsweise Mal nicht um Corona, es geht auch nicht um die Flüchtlingskrise, die Bankenkrise oder die Wirtschaftskrise, so die Kuratorin Kim Behm in ihrer Rede. Musikliebhaber werden diesen Titel sofort mit einem Album von der englischen Rockgruppe SUPERTRAMP in Verbindung bringen. Ein Album, das auf das erfolgreiche Werk „Crime of the Century“ folgte. Beide Alben spiegelten schon damals, in den Siebzigern, sowohl inhaltlich, als auch von ihrem Artwork die Krise der Gesellschaft und der Kunst wieder. Eingesperrt in einem Universum voller falscher Versprechungen und Sehnsüchten einerseits, und faul und chillend unter einem goldenen Sonnenschirm sitzend; die Umgebung und deren Zerfall überhaupt nicht mehr wahrnehmend. „Hauptsache mir geht es noch gut“, aber alles andere scheint wie ausgeblendet. Mit den eindringlichen Erkenntnis: „The blindness goes on!“, endet „Crime of the Century“, das die Leichtgläubigkeit und die Blindheit des Volkes direkt widerspiegelt. Das Verbrechen des Jahrhunderts, die gesellschaftliche Krise schlechthin!
Diese damals aufkommende „Null-Bock,–Leck-mich-am-Arsch,–Das-interessiert-mich-alles-nicht,–oder–Darum-sollen-sich-bitteschön-andere-kümmern-Einstellung!“ – Dieses verantwortungslose Bewusstsein gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt, das sich heute, durch die Medien, leider noch viel, viel schneller fortplatzt, ließ vor allem die Malerei in eine ganz tiefe Krise stürzen. Und genau um diese Krise geht es in der neuen Ausstellung „Crisis? What Crisis?“, die lange vor der „Corona-Pandemie“ noch von der ehemaligen Leiterin Stefanie Kleinsorge kuriert wurde, aufgrund des Lockdowns allerdings erst heute, also knapp vier Monate später präsentiert werden kann.
„Mit der Fotografie schienen die Tage des Gemäldes gezählt!“, so Kim Behm weiter in ihrer Rede. Ja, ein Foto sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte. Doch schnell stellte man fest, dass ein Foto einfach nur ein Foto ist und niemals den Wert eines Ölgemäldes oder Portraits erreichen kann oder gar ersetzen. Ein Ölgemälde, ein Werk für das der Künstler bzw. die Künstlerin Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre benötigte, um es fertigzustellen, dieser Wert ist einfach unvergänglich und unersetzbar. Er ist heuer noch sehr groß, und wie groß, das haben wir vor einigen Wochen in unserem Geburtstagsbericht „99 Jahre“ ganz anschaulich gezeigt.
Ein Foto beschreibt nur einen kurzen Moment, oder eine winzige Sekunde eines Lebens. Ein Ölgemälde hingegen spiegelt mitunter ein ganzes Leben oder den Wert eines ganzen Lebens wieder.
Fünf Künstler repräsentieren mit völlig unterschiedlichen Werken und Kunststilen „Crisis? What Crises?“ – Gezeigt wird erstmals auch ganz moderne Malerei; Malerei die auf den ersten Blick gehen, eigentlich überhaupt nichts mit Malen oder Pinselstrichen und Farben zu tun hat. Bestes Beispiel dafür sind das geniale und auch zum Schmunzeln anregende Sandwich-Matten-Werk von Sopie Innmann, die gegenüberliegend an einer Zwischenwand hingen, sowie die Yogakarte, die wir in der Headline als die drei „olympischen“ Ringe bezeichneten.
Die zwei MDF-Werke (Mitteldichte Holzfaserplatten auf Formaldehyd) von Martin Gewers mit Acryl und Autolack haben ebenfalls auf den ersten Blick nicht viel mit Malerei zu tun. Es ist kein Bild, kein Gemälde, es ist auch nicht wirklich eine Skulptur, es ist aber eine Kunstform, die wir in ähnlicher Art bereits im Hackgarten gesehen haben.
Ein Bodenbelag, ist natürlich auch nicht wirklich Malerei, allerdings ist der Belag ideal, um aus ihm eine malerische Kunst oder ein besonderes Kunstwerk zu erstellen. Doris Erbacher präsentiert diese Technik aber auch Mischtechniken aus Papier und Acryl auf Holz sehr eindrucksvoll in Rund 20 Einzelwerken über nahezu eine komplette Wandseite des Ausstellungsraumes.
Franziska Reinbothe hingegen brilliert ausschließlich mit Werken ohne Titel. Hier konnte sich der Besucher jeweils sein eigenes Bild von den unterschiedlichen Exponaten machen. Kunst soll eigene Gedanken und Gefühle hervorbringen und auf sich wirken lassen.
Der ultimative Eye-Catcher war für uns jedoch das geniale 68-teilige Kunstgebilde von Jonas Maas. Er zelebrierte Acrylfarben, Gesso, Lack und Sprühlack so genial auf MDF, das wir noch jetzt von deren farbenprächtigem Antlitz „geflasht“ sind.
Wir bedanken uns bei Yvonne Vogel und ihrem großartigen Team für diesen exzellenten neuen künstlerischen Einblick und wir freuen uns schon heute auf die nächsten Ausstellungen, Workshops und Aktionen im Raume der Gegenwartkunst.
Bilder: Alexander Höfer
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Crisis? – No Crisis! – (Alexander Höfer)
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