Cia La Tal, DUO GI-JO, Extra Art und Joan Catalá setzten großartige künstlerische Akzente, bevor der schlimmste Gewittersturm seit Jahren dem 17. Straßentheater am ersten Tag ein jähes Ende bereitete!
Es fing so schön an. Die Show der Spanier Cia La Tal mit ihrer „Incredible Box“ vom letzten Jahr immer noch in sehr guter Erinnerung – wenn die damaligen drei Protagonisten noch 10 Minuten weitergespielt hätten, dann hätten wir wahrscheinlich in die BG-Klinik eingeliefert werden müssen wegen Lachkasper – präsentierte die diesjährige Combo ein völlig anderes Theater.
Eine überdimensionale Uhr ohne Zeiger zierte die Bühne, und kurz vor 15.00 Uhr ertönte das Ticken eines Uhrwerks. Klack-Klack – Klack-Klack – Klack-Klack – und die Zuschauer schauten nun gespannt auf die Bühne, und warteten darauf, was jetzt wohl gleich passieren würde. Aber es passierte zunächst einmal gar nichts. Zu dem Klang des Klackerns gesellte sich wenig später des Krächzens eines nicht mehr ganz funktionalen Uhrwerks hinzu. Pünktlich um drei Uhr öffnete sich dann der linke Torflügel und heraus kam offensichtlich der Uhrmacher. Bildschön, wie gemalt, sah er aus, und der Mann oder besser gesagt die Figur, bewegte sich langsam im Slow-Motion-Rhythmus des Klackerns in Richtung der Uhr, um so wie es aussah die Zeiger zu montieren, die er unter dem Arm trug.
Bereits jetzt war erkennbar und vor allem auch hörbar, dass alle Geräusche vom Band kamen, und sich der Akteur absolut synchron zu diesem Sound bewegte. Eine ganz schwere und unglaublich anspruchsvolle Kunst, die uns die Cia-La-Tal-Gruppe in diesem Jahr hier vor Augen führte.
Nachdem die Laufwerke geölt waren, ging das Uhrentheater los, und es erschienen, ähnlich wie bei den berühmten Turmuhren, weitere Figuren, die sich mit unterhaltsamer Gestik und Mimik auf der Bühne zeigten, und vor der Uhr ihren Schabernack trieben. So trat zum Beispiel ein selbstbewusster Krieger auf die Bühne, der sich stolz mit seinem Säbel brüstete, um so bei seiner Angehimmelten auf Bewunderung zu stoßen. Das alles wäre für ihn ganz einfach gewesen, wenn da nicht, ja wenn da nicht der böse Hofnarr gewesen wäre, der es ebenfalls auf die gnädige Frau abgesehen hatte, und ihm seine prächtige Säbelshow damit versalzte, dass er die Dame versuchte mit seinen humoristischen Stärken herumzukriegen. Ein tödliches Duell entschied dann, wer von den beiden am Ende die Dame sein Eigen nennen durfte.
Das Ende der Vorstellung nahte, doch da der Gong nicht funktionierte oder nicht funktionieren wollte, mussten besondere Hilfsmittel her, um ihn erklingen zu lassen. Hier kamen dann besonders große Hämmer zum Einsatz, die allerdings nicht immer den Gong trafen, ganz nach dem berühmten Motto: „Wer andern eine Grube gräbt ….“
Nach diesem anschaulichen Figurentheater gab es als nächstes das niederländisch-österreichische Duo GI-JO zu sehen. Die beiden Akteure sind in dem Genre „Pantomimisches Schauspiel verbunden mit verblüffender Spontanartistik“ keine Unbekannten. Mit ihrem neuen Stück „Sweep“, bekommen die Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes eine Reinigungsspektakel der ganz besonderen Art vorgeführt. Als Straßenkehrer verkleidet betraten die beiden Akteure die Bühne vor der Post, und glänzten zunächst einmal mit Situationskomik, und einem präparierten Mülleimer. Nachdem die Besen mal als Hockeyschläger fungierten und wenig später auch kongenial als Hühnerflügel zweckentfremdet wurden, nahm das artistische Schauspiel seinen Lauf. Er, der Chefkehrer mutierte in dieser Phase mal zum Gladiator, mal zum Pferd, welcher, welches, Sie, die Königin mal durch Ägypten oder durch das antike Griechenland schob.
Das Duo glänzte in dieser Phase vor allem durch raffinierte Szenen- und Situationswechsel, sowie kreativem Ideenreichtum. Hier entstand mit Hilfe der Hilfe des zerlegten Mülleimers eine Kanone. Auch die beiden Seitenteilen des Laufwagens verwandelten sich zu riesigen Besen mit denen die beiden Akteure den großen Müll beseitigten, den sie bei ihrem Tohuwabohu fabriziert hatten. Zu guter Letzt konnten die beiden überdimensional großen Besen noch als Klettergerüst zusammenbaut werden, an dem die beiden Artisten dann zum Finale ihrer Show noch mehrere Minuten lang ihr außergewöhnliches Können zum Besten gaben.
Extra-Art im Bürgerhof stand als nächstes auf unserem Programm. Hier erwartete uns eine Jongliershow der Superlative, gepaart mit clownesquen und tänzerisch-akrobatischen Einlagen. Pantomimisch agierend, mit genialer Situationskomik begannen die beiden Könner ihre Show. Schnell stellt sich heraus, dass Bernd Schwarte und Fabian Flender ein perfekt aufeinander eingespieltes Team waren, die ihr Metier aus dem FF beherrschten. Mit dem berühmten Instrumentalsong „Axel F“ tanzten die beiden synchron, und bauten hierbei schon die ersten akrobatischen Kunststückchen ein.
Danach war es Zeit für den ersten Augenschmaus. Fabian Flender trat mit einem Jonglierstab vor das Publikum, und begann diesen zunächst einmal ganz langsam – was bereits schon schwer ist – und danach immer schneller zwischen seinen Händen tanzen zu lassen. Im Rhythmus der Musik jonglierte er den Stab in allen erdenklichen, aber auch allen nicht erdenklichen und absolut unmöglichen Lagen absolut fehlerfrei und sicher. So flog der Stab mal mehrere Meter in die Luft, überschlug sich vertikal, oder auch zwischen den Beinen hindurch. Dabei drehte sich Flender hin und wieder sogar um die eigene Achse. Es war großartig, wie elegant er diesen Stab bediente.
Danach war es Zeit für die Balancierkunst von Bernd Schwarte. Auf einem Beistelltisch positionierte er nach ein wenig Klamotte mehrere Rohre so, dass ein Stehen eigentlich nicht wirklich möglich war. Mit perfekter Körperbeherrschung stieg er auf das Brett, und kam gleich darauf, unter riesigem Applaus des Publikums, ganz sicher zum Stehen. Im weiteren Verlauf trieben es die beiden hier bis zum Exzess. Der Gelbe reichte dem Grünen immer mehr Böden, und der Grüne hielt jeder neuen Bewährungsprobe stand. Selbst sogar auf vier Böden stand Schwarte sicher auf dem Turm, der lediglich auf einem Rohr stand.
Zum Finale ihrer Show brillierte das Duo mit einer perfekten Keulen-Jonglage. Unglaublich geniale Würfe und Übergrifftechniken, die absolut synchron zur Musik abliefen rissen das Publikum zu Applausstürmen hin.
Als vierten und leider letzten Programmpunkt kamen wir noch in den Genuss von Joan Catalá. Der Spanier präsentierte in seiner neuen Choreografie „Pelat“ etwas ganz Besonderes, nämlich er war in der Lage mit meisterhafter Körperbeherrschung einen Baumstamm nur auf seiner Schulter zu tragen und ihn sogar ohne Hände oder andere Hilfsmittel in alle Laufrichtungen zu bewegen. Catalá war ebenfalls in der Lage den Baumstamm von einer Schulter auf die andere zu transportieren, ohne seine Hände zu verwenden.
Langsam, sehr langsam und daher unglaublich intensiv, begann seine Show, in der er als erstes die vier Himmelsrichtungen mit Kreide auf dem Boden anzeichnete. „Nein, er musste dafür den Baumstamm nicht bei Seite legen, sondern er verwendet für die Kreidemarkierungen ausschließlich seine Füße!“ – Und jedes Mal dreht sich der Baumstamm von einem Schulterblatt auf das andere.
Danach holte sich Joan Catalá vier Zuschauer (Opfer) als Helfer aus dem Publikum. Was danach alles passierte lässt sich nur sehr schwer in Worte fassen. Eine Mischung als genialem Kabarett, Zirkus, Tanz und Stimmungsmache gemischt mit genialen Indianerlauten erfreute das Publikum. Besonders die Helfer, die armen Opfer, erhielten großen Applaus, wenn sie es schafften den Baumstamm in der Senkrechten festzuhalten, so dass Joan daran hinaufklettern konnte.
Der spanische Künstler jagte die vier Helfer innerhalb seiner Vorführung aber auch ganz gehörig in seiner Arena herum. Mal mussten sie den Baumstamm unter dem Arm tragen, mal zwischen den Füßen, und mal über dem Kopf, was unglaublich erheiternd war, da alle vier Mitstreiter unterschiedlich groß waren.
Just vor dem Finale dieses tollen Mitmachtheaters verdunkelte sich der Himmel bedrohlich, und gleich darauf erschütterten lautstarke Donnerschläge Ludwigshafen. Die Gefahr erkennend, dass hier wahrscheinlich gleich ein ganz schreckliches Unwetter beginnen wird, liefen wir mit schnellen Schritten zu unserem Lieblingshamburger-Restaurant Mister Meal. Bereits auf der Ludwigsstraße wirbelte uns der enorm starke Wind sowohl Mülleiner als auch größere Kisten von der anliegenden Baustelle entgegen. Gläser von Straßenlampen fielen zu Boden und wurden von den enormen Böen erfasst und mitgerissen.
Gerade noch relativ trockenen Fußes bei Mister Meal angekommen, peitschte das wohl schlimmste Unwetter seit Jahren über Ludwigshafen hinweg. Heftiger Regen und teils auch Hagel, fielen maschinengewehrsalvenähnlich vom Himmel herab, und schlugen quer durch die Gegend. Vom Vordach des Nachbargebäudes regnete es plötzlich so stark hernieder, dass wir das Gefühl hatten, die Feuerwehr hätte das C-Rohr eingeschaltet. Selbst unter der drei Meter breiten Überdachung schüttet es wie aus Eimern, und der Wind brauste ohrenbetäubend hindurch. Mittlerweile fing es sogar an in das Restaurant hineinzuregnen, so dass das Mister-Meal-Team den Stahlrolladen herunterlassen musste, damit die Gäste nicht geduscht wurden.
Feuerwehrsirenen ertönten. In der Bismarckstraße war innerhalb weniger Minuten ein regelrechter See entstanden. Ein Durchkommen war hier nicht mehr möglich. Ein Baum fiel auf die Straßenbahnschienen. Herunterfallende Äste verwüsteten die Trottoire, und auf einigen Baustellen sanken die Gerüste zu Boden.
Ein solches Straßentheater wollten wir eigentlich nicht sehen, auch wenn uns das Odyssee-Untergangsszenario von Theater Titanick vor zwei Jahren unglaublich gut gefallen hat.
Nach dem starken Regen zeigten wir noch soziale Verantwortung, und meldeten vor Ort noch der Polizei und der Feuerwehr, dass sogar unter der Überdachung eines Geschäftes das Wasser aus den Lampenfassungen und Verteilerdosen floss.
Ja, mit so viel verzichtbarer Action und Verwüstung hätten wir nicht gerechnet. Besonders hart traf es die Künstler Cirque Inextremiste, Ondadurto Teatro und Da Motus, denn der Sturm zerstörte nicht nur ihre Aufbauten, sondern auch die komplette Soundtechnik, sodass auch am zweiten Tag ein Auftreten für diese tollen Gruppen nicht mehr möglich war. Wir hoffen sehr, dass der zweite Tag nicht auch noch ins Wasser fällt, denn das hätte das mit Abstand schönste kulturelle Programm der Metropolregion nicht verdient.
Bilder: Alexander Höfer
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