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Der Animus Klub e.V. ist ein internationaler Lern-, Spiel- und Freizeitverein für die ganze Familie und fördert Kinder und Jugendliche aus der Metropolregion Rhein-Neckar in ihren besonderen Talenten. Er steht unter dem Motto: „Ich kann etwas! – Ich will etwas! – Ich mache es!
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(356) Der Dachdecker von Birkenau

KZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen präsentierte mit Mordechai Ciechanower einen 89-jährigen Zeitzeugen, der viele Konzentrationslager gesehen und überlebt hat!

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Gerade die Ausstellungseröffnung „Der Warschauer Aufstand von 1944“ in der Heidelberger Friedrich-Ebert-Gedenkstätte miterlebt, führte uns unser Programm in die KZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen, wo wir nicht nur eine interessante Führung, sondern auch noch einen atemberaubenden Dokumentationsfilm vor Augen geführt bekamen.

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Die Gedenkstätte, und das ist das Besondere an ihr, befindet sich genau an dem Ort, an dem sich früher auch das KZ Sandhofen befand, nämlich in der heutigen Gustav-Wiederkehr-Schule.

Hier hat der Verein die Räumlichkeiten des Untergeschosses mit sehr vielen Informationen aus dieser Zeit ausgestattet. Im KZ selbst waren einst mehrheitlich polnische Häftlinge untergebracht, die für die Daimler-Benz AG Zwangsarbeit leisten mussten. Die Häftlinge waren alle während des Warschauer Aufstands im Spätsommer 1944 aufgegriffen, und über das Durchgangslager Pruszków nach Dachau deportiert worden. Wenig später sind dann insgesamt 1.060 Männer und Jugendliche von den Verantwortlichen der Daimler-Benz AG nach Mannheim geholt worden und mussten hier im KZ auf engstem Raum zusammengepfercht „leben“.

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Anfang der Neunziger konnten die Verantwortlichen der Gedenkstätte Kontakt zu rund 60 Überlebenden aufnehmen, und so eine ganz beachtliche Ausstellung in den Räumlichkeiten zusammentragen. Neben Briefen, Notizen und Zeitdokumenten gibt es auch audiovisuelle Beiträge, die die Gedanken und die Gefühle der Häftlinge authentisch widerspiegeln.

img_7850Die heutige Führung begann bei der eisernen Gedenktafel auf der in beiden Sprachen – Deutsch und Polnisch – den ehemaligen Häftlingen und ihrem schrecklichen Schicksal in der Nazizeit gedacht wird. Nadine Povoden, die Leiterin der Führung, erzählte davon, dass sich die Häftlinge jeden Morgen in Sträflingskleidung und mit Holzschuhen an den Füßen auf den Weg in das Daimler-Benz-Werk zur Arbeit machten. Das Geräusch der klackernden Schuhe, die im Gleichschritt marschierten, erzeugte ein unvergessliches Unbehagen, und ist den Anwohnern noch jahrelang im Gedächtnis geblieben. Ca. fünf Kilometer lang ist der Weg von der heutigen Grundschule bis zu den Werkshallen.

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Im Gegensatz zu den Stammlagern, die sich meist auf dem Berg oder im Wald befanden, war das KZ Sandhofen ein Außenlager, das sich in Mitten eines Wohngebietes befand, und so auch von den Anwohnern eingesehen werden konnte. So erklärte uns Nadine Povoden im heutigen Innenhof der Schule, dass die Anwohner jeden Tag zumindest den Morgen- und auch den Abendappell mitbekommen haben.

Auf dem Hof wurden auch die Bestrafungen öffentlich durchgeführt. Hier gab es drakonisch viele Stockhiebe, aber auch jede Menge unmenschliche Sanktionen, wie zum Beispiel zwei Stunden Froschhüpfen.

130 Gramm Brot standen jedem Häftling täglich zum Essen zur Verfügung, und die Bauern der Umgebung brachten ihren Kompost vorbei, der dann zu einem Essen zubereitet wurde. Am Freitagabend enthielt die Suppe zumindest teilweise einen Milchzusatz, den wahrscheinlich das Daimler-Benz-Werk gestiftet hatte.

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Die Hinrichtung von Marian Krainski war das schrecklichste Ereignis, dass sich im KZ Sandhofen zugetragen hat. Ein anwesender Augenzeuge, der damals 10 Jahre alt war, erinnerte sich an diesen schrecklichen Moment, und berichtete darüber, dass die eigenen Landsleute die Erhängung durchführen mussten. Das sollte quasi als Abschreckung dafür dienen, was ihnen passieren würde, wenn sie sich auch der Sabotage schuldig machten. Marian Krainski hatte bei der Produktion 30 Achsen zu klein geschliffen, worauf ihm, wie gerade erwähnt, Sabotage unterstellt wurde. Am Morgen des 4. Januar 1944 wurde Marian Krainski vor den Augen seiner Kameraden, Angestellten des Daimler-Benz-Werks und Zuschauern gehängt.

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Nach dieser interessanten Führung wurde dann noch der Dokumentationsfilm „Der Dachdecker von Birkenau“ vorgeführt. Der 89-jährige Protagonist und Zeitzeuge Mordechai Ciechanower hat mehrere Konzentrationslager sowie das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überlebt. In dem 105-minütigen und sehr aufwühlenden Film berichtet der heute in Israel lebende über die dunkelste Zeit seines Lebens, die von dem Anfangszitat: „95 Prozent tot war ich schon!“, überschattet ist.

Spannend, authentisch und mit eindrucksvollen Zeitbildern führt uns der Filmemacher Johannes Kuhn von Station zu Station, und lässt jede Zeitepoche mit einem nachdenklichen Schwarz ausblenden. Es ist trauriger und emotional sehr heftiger Tobak, den wir hier zu sehen bekamen.

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Johannes Kuhn lässt den geistig äußerst fitten und gebildeten Rentner noch einmal seinen ganzen Leidensweg an den realen Schauplätzen Revue passieren. So beginnt die schicksalshafte Reise des Polen in seiner Heimatstädtchen Marków Mazowiecki, und führt uns danach direkt in die Konzentrations- und Vernichtungslager von Auschwitz und Birkenau, wo der Rentner von der Mutter und seinen beiden Schwerstern getrennt wurde. Wie durch ein Wunder überlebte er alle Torturen, und hatte das Glück zum Dachdeckerkommando berufen zu werden. Jeder Tag war getränkt von Elend, Hunger und Tod. Die Deutschen haben hier unfassbares Leid angerichtet. Allein in Auschwitz starben 1,5 Millionen Menschen, darunter 500.000 Kinder (!)

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Die „Reise durch die Hölle“ führte Ciechanower weiter über Stutthof in zwei für uns bisher unbekannte KZs in Hailfingen/Tailfingen und Dautmergen. Letztere waren Außenlager des KZ Natzweiler. In Dautmergen waren die Lebensbedingungen besonders bestialisch: „Hier verreckten die Menschen elendig, an Hunger, Durst und Krankheit.“ – Zusammen mit seinem besten Freund habe er dort die Kartoffelschalen, die die Küche in der Toilette entsorgte, abends heimlich aus der Toilettenschüssel entwendet, und diese dann abgekocht.

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Gegen Ende des Krieges war Mordechai Ciechanower auch in dem abscheulichen KZ Bergen-Belsen, bei dem er auch seinen besten Freund verlor. Er starb in seinen Händen.

Der Film zeigte den Rentner zusätzlich noch, wie er sowohl in Deutschland als auch in Polen an Schulen wichtige Aufklärungsarbeit leistet. Auf die Frage einer Schülerin, ob er denn damals seinen Glauben an Gott nicht verloren hätte, antwortete der Zeitzeuge: „Ich habe Gott mehrfach danach gefragt, warum das alles passieren konnte, und was wir, als anständige Menschen, Schlimmes getan haben, damit uns so etwas angetan wurde, aber ich habe bis heute keine Antwort von ihm erhalten!

Bilder: Alexander Höfer

 

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„An das Gute erinnert man sich gerne … doch ich vergesse auch nicht das Schlechte!“ – (Zitat: Mordechai Ciechanower)     

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