Friedrich-Ebert-Gedenkstätte machte in der Eröffnung ihrer neuen Ausstellung auf ein bisher großteils unbekanntes Kriegsverbrechen der Nazis aufmerksam!
Einen „Warschauer Aufstand von 1944“ (?!?) – „Gab es so etwas in der Geschichte des 20. Jahrhunderts?“ – Wir kennen den 17. Juni 1953, den Tag an dem die Bürger der ehemaligen DDR Widerstand gegen das Sowjetische Regime führten, und kennen auch den Ungarischen Aufstand von 1956, sowie den berühmten Prager Aufstand von 1968. Diese drei Aufstände sind ganz bekannte historische Ereignisse, die im Geschichtsunterricht in der Schule behandelt wurden. Aber einen Warschauer Aufstand von 1944 wurde nicht durchgenommen.
So wie jetzt dem Leser, ging es an diesem Abend sehr vielen interessierten Besuchern, die zu dieser besonderen Ausstellungseröffnung in die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte gekommen waren. Besonders, nicht nur deshalb, weil die Verantwortlichen dieses für viele doch unbekannte geschichtliche Ereignis vom heutigen Abend an bis Anfang April 2017 der Öffentlichkeit präsentieren, sondern weil auch Herr Andrzej Osiak, der Generalkonsul der Republik Polen höchstpersönlich gekommen war, um die Ausstellung zu eröffnen.
Die Verantwortlichen rund um Prof. Dr. Walter Mühlhausen und dem Museumspädagogen Guilhem Zumbaum-Tomasi, die uns in diesem Jahr bereits mit der Ausstellung „Feind ist, wer anders denkt!“, die Augen hinsichtlich des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR öffneten, und uns mit beeindruckenden Zeitdokumenten das Fürchten lernten, schreckten auch in ihrer neuen Ausstellung „Der Warschauer Aufstand“ nicht davor zurück, den Besuchern das unsäglich-große Leid des Polnischen Volkes, sowohl während des barbarischen Überfalls der Nazis im September 1939, als auch später bei ihrem Aufstand gegen die Sowjets 1944 authentisch und mit sehr vielen, teils beklemmenden, teils erschütternden Dokumentations- und Bildmaterialen, hautnah vor Augen zu führen.
„Es ist immer wieder erschreckend anzusehen zu welchen abscheulichen Gräueltaten unsere Großväter und Urgroßväter in der Lage waren!“
So bekräftigte Prof. Dr. Walter Mühlhausen in seiner Eröffnungsrede auch die Wichtigkeit dieses 63-tägigen Aufstandes für Polen, und die Erinnerung an das unsägliche Verbrechen, welches die Nazis in der Zeit vom 01.08. bis zum 05.10.1944 an dem Polnischen Volk begangen haben; ein Verbrechen, das bis heute in sehr vielen Geschichtsbüchern über den 2. Weltkrieg schmerzlich fehlt.
Der Geschäftsführer zeigte sich sehr stolz darauf, dass Heidelberg nun nach Berlin und München die dritte Station sei, die diese historisch sehr wichtige Ausstellung präsentieren dürfte, und dass nun die Besucher nun die Möglichkeit hätten, einen tiefen Einblick in ein noch völlig unbekanntes Nazi-Verbrechen des 2. Weltkrieges zu bekommen.
Der stellvertretende Direktor des Museums Warschauer Aufstand Herr Dr. Paweł Ukielski machte in seine Rede deutlich, was für ein wichtiges historisches Ereignis der Warschauer Aufstand von 1944 für das polnische Volk darstellt, und welche Bedeutung dieser auch heute noch für die Menschen hat. Zum 70. Jahrestag 2014 kamen Hundertausende Menschen zusammen, um sowohl den 170.000 Opfern zu gedenken, die die Nazis in dieser Zeit kaltblütig ermordeten, als auch gleichzeitig die späterrungene Unabhängigkeit Polens aus der Neuzeit zu feiern.
Der Generalkonsul Andrzej Osiak berichtete dann näher von dem bisher noch unbekannten Verbrechen, das die Nazis in der Zeit des Warschauer Aufstandes gegen die Sowjets an dem Polnischen Volk begangen haben. Während im Osten des Landes die Untergrundkämpfer der Heimatarmee AK versuchten Warschau von den Deutschen zu befreien, um dann gegen die einmarschierende Rote Armee anzukämpfen, ließ Hitler den von Himmler weitergebenen Befehl „Es dürfen keine Gefangenen gemacht werden!“ gnadenlos von den dort stationierten Truppen in die Tat umsetzen.
Prof. Dr. Klaus Ziemer, ein passionierter Rentner, der auch heute noch an der Universität Kardynała Stefana Wyszyńskiego w Warszawie als Dozent lehrt, führte den Anwesenden im Anschluss an die Rede Osiaks das Ausmaß dieser Schandtat unglaublich emotional vor Augen.
„Erschossen wurden nicht nur gefangene Kombattanten, sondern entlang der Wolska-Straße im Stadtteil Wola, die vom Westen in Richtung Stadtzentrum führt, wahllos aus den Häusern gezerrte Männer, Frauen und Kinder, Patienten und Personal in Krankenhäusern, Geistliche und Gläubige in Kirchen.“ – (Manuskript: Prof. Dr. Klaus Ziemer)
Bei dem 63-tägigen Aufstand verloren 16.000 Polnische Soldaten und 150.000 Zivilisten das Leben!
Professor Dr. Klaus Ziemer schloss seinen Vortrag mit Worten, die wir nicht besser hätten schreiben können.
„Die Ausstellung, die wir heute eröffnen, füllt eine bei Vielen bestehende Wissenslücke über Ereignisse während des Warschauer Aufstands 1944, die uns Deutsche zutiefst beschämen. Wenn wir im Katalog der Ausstellung die Reden lesen, die die beiden Staatspräsidenten vor zwei Jahren bei der Eröffnung der Ausstellung in Berlin gehalten haben, spüren wir, dass die aufrichtige Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit die heutigen Polen und Deutschen nicht nur trennt, sondern einander näher bringen kann. Aber wir müssen diese Vergangenheit kennen.“
Und gerade weil das geschichtliche Wissen, sowie das Kennen dieser dunklen Deutschen Vergangenheit so wichtig sind, und wir derzeit leider wieder ganz ungesunde gesellschaftliche Strömungen, hin, in diese Richtung verspüren, haben wir ein paar Tage nach der Eröffnung mit unseren Jugendlichen diese Ausstellung besucht.
Sprachlosigkeit, Fassungslosigkeit, aber auch Entsetzen beschreiben wohl am ehesten die Gefühle, von denen die Jugendlichen beim Anblick dieser detaillierten Dokumentation ergriffen wurden. Viele Fragen kamen auf, die ihnen unser 1. Vorsitzender und Polenkenner sehr gerne beantwortete.
Bilder: Alexander Höfer
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