Mannheimer Absprung-Theater präsentierte im Jugendkulturzentrum Forum ein hochemotionales Stück mit aktueller Brisanz zu dem Thema „Flüchtlinge!“
Zum dritten Mal in Folge präsentierte das Mannheimer Absprungtheater das Stück „Unfreiwillig hier sein“, welches von Marie Scholz Regie geführt wurde, und mit einem Quantensprung in Mitte der Handlung einen Bogen zu dem aktuellen und in den Medien tagtäglich präsenten Flüchtlingsthema spannte.
Zum Inhalt: Vier straffällig gewordene junge Bürger mussten sich in einer Selbsthilfegruppe wieder zu „guten“ Menschen resozialisieren lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, trafen sie sich nicht in einer sozialen Einrichtung, sondern regelmäßig in einer gemütlichen Bar. Ihre Bewährungsauflage bestand darin, ein wohltätiges Projekt zu erarbeiten und durchzuführen. Die vier Straftäter bekamen aber nicht nur diese Auflage aufgebrummt, sondern gleichzeitig auch noch die sehr unsichere, um nicht zu sagen absolut unfähige und lebensunerfahrene staatlich geprüfte Sozialberaterin Frau Claudia Hoffmann, gespielt von Alexandra Korbut
Sehr schnell bekam die „Madame“ jedoch Autoritätsprobleme, und hatte ganz große Mühe sich gegenüber den vier Delinquenten durchzusetzen. Aufgrund ihrer beruflichen Unsicherheit wurde sie von den vier auch nicht wirklich ernst genommen, obwohl sie ihnen mehrfach hintereinander unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie ja bereits unzählige staatliche Prüfungen bestanden hätte.
Völlig hysterisch und entnervt verließ die sichtlich überforderte „Fachfrau“ alsbald schon fluchtartig die Gruppe, was ihrem Chef Rudi Steiner, dargestellt von Joachim Horn, überhaupt nicht gefiel.
Auch im weiteren Verlauf, verlor die unselbstbewusste Sozialberaterin regelmäßig die Nerven, und wurde unglaublich aggressiv, wenn ihre Klientel nicht spurte, oder sie wieder mit ihrer Unfähigkeit konfrontiert wurde.
„Ja, wer so eine Therapeutin hat, der mutiert ganz schnell zum Hobbyalkoholiker!“, so die leise Bemerkung unseres ersten Vorsitzenden, dem ja die charakterlich dargestellten Verhaltensweisen als Sozialpädagoge mehr als bekannt vorkamen. Und kaum hatte er dies geäußert, da bestellte sich auch schon das verzogene 17-jährige High-Society-Girl Lara Herzberger, gespielt von Carmen Konopka, auf die Kosten ihres Vaters eine Flasche des besten schottischen Whiskys, und die staatlich geprüfte „Unfähige“ lief genauso wie die anderen der Gruppe zur Höchstform auf.
Gekonnt verwandelte die Gruppe den kompletten Saal des Forums in eine Bühne, und die vier Delinquenten peppten fortan kontinuierlich das Selbstbewusstsein ihrer Vorgesetzten damit auf, dass sie ihr beibrachten, wie man Männer richtig anmacht.
Im „feuchtfröhlichen“ Feiereifer machte dann der Nobelbonze Kristian Wagner, präsentiert von Mario Fix den Vorschlag, dass sie vielleicht ein soziales Projekt für Flüchtlinge auf die Beine stellen könnten. In einem Disput mit Lara eskalierte die Situation auf der Bühne. Gegenseitige Beschimpfungen und persönlich Angriffe flogen zwischen den beiden Akteuren hin und her, bis schließlich die aus Syrien stammende Salam Adel, gespielt von Rawd Khatib-Schütz, lautstark diesen Streit unterbrach, und ihnen und den Zuschauern in einem emotionalen und hochsensiblen Kopfkino das Schicksal der Menschen und die schrecklichen Folgen des Krieges so stark vor Augen führte, dass vielen Zuschauern ein eiskalter Schauer über Rücken lief.
Brillant inszenierte die Schauspielerin das Leid ihrer eigenen Familie, und brach gleich darauf unter der Last ihres tiefen Schmerzes und Kummers auf der Bühne zusammen. Syrischen Flüchtlinge betraten nun die Szenerie und sangen nachdenkliche Lieder über die Liebe und das Heimweh nach einer verlorenen Heimat.
Sehr mutig erzählten die Flüchtlinge dann im zweiten Akt des Stückes aus ihrem Leben, warum sie gerade nach Deutschland kamen, und wie sie sich hier fühlen.
Ebenfalls mutig und sehr couragiert machte der vierte Delinquent Oslo van de Beylaf, repräsentiert von Paul-Christian Brenndörfer auf die augenblickliche Situation in Deutschland aufmerksam, und forderte die Politiker aber auch die Bevölkerung auf, gefährliche Gruppierungen endlich ernst zu nehmen, und diesen nicht mit Gegengewalt, sondern lieber mit Worten im politischem Diskurs zu bekämpfen.
In dieser Phase sangen die syrischen Flüchtlinge begleitet von Alec Vrublevskyy am Piano den aktuellen R’n’B-Song „Selbstlos“ von MoTrip, dessen Refrain: „An die wahre Liebe glauben wir. Darum schließen wir die Augen. Wir träumen von einer besseren Welt. Denken an alle und vergessen uns selbst, denn wir sind selbstlos“, der uns noch lange auf dem Nachhauseweg in den Ohren klang.
Wir bedanken uns zum Schluss noch ganz besonders bei Regisseurin Marie Scholz, die uns die übersetzten Texttafeln der Flüchtlingstexte für unseren Bericht zur Verfügung stellte.
Bilder: Alexander Höfer
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„In Syrien hatte ich einst sehr viele Freunde. Hier in Deutschland bin ich allein!“ – (Zitat eines Flüchtlings während des Stückes „Unfreiwillig“ hier sein!“)
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