Ulrich Wellhöfer präsentierte in der Mannheimer Thalia-Buchhandlung ein besonderes Buch! – Worte von Sieger Tavakuli Sharif stimmten sehr nachdenklich, und konfrontierten die Besucher mit trauriger Realität!
Das aktuelle Buch „BUNT braucht keine Farbe“ des Wellhöfer-Verlages trägt für jeden passionierten Maler eigentlich einen ganz schrecklichen Titel, machen doch erst Farben, ein Bild so richtig froh und eben bunt. Doch bei näherer Betrachtung der themenbezogenen, literarischen Verse und Gedichte, sowie der enthaltenen Fotos, verfärbt sich dieses Grau jedoch ganz schnell in eine bunte Nachdenklichkeit, die den interessierten Leser sehr tief in sich gehen lässt.
Aus diesem Grund finden wir es sehr wichtig in unserem weltoffenen Verein auch einmal über ein so ehrenwertes Ereignis wie eine Buchveröffentlichung zu berichten, zumal es in diesem neuen Mannheimer Buch sehr stark um das gesellschaftliche Zusammenleben – „grau gesagt“ – um das, unter Umständen auch nicht oder nicht immer vorhandene gesellschaftliche Zusammenleben geht.
150 Bücher hat der Wellhöfer-Verlag seit Bestehen veröffentlicht, doch ein solches Buch, das aufgrund seiner Thematik auch noch eine aktuelle und sehr emotionale Brisanz aufweist, war noch nie dabei.
Dementsprechend bezeichnete der Verlagsleiter Ulrich Wellhöfer in seinen Begrüßungsworten dieses Buch auch als das Wichtigste, das der Verlag bisher herausgebracht hat. Geboren wurde die Idee von „BUNT braucht keine Farbe“ im Frühjahr, als unzählige Anschläge, allen voran das schreckliche Attentat auf das französische Satiremagazin Charlie Hepdo die Welt erschütterten, und gleichzeitig auch sehr viele Menschen aus ihren Herkunftsländern vor Krieg und Gewalt flüchten mussten. Irgendwie sah sich der Verlagsleiter auch durch die Solidaritätsbekundungen wie zum Beispiel „Mannheim sagt JA!“ oder der Friedensveranstaltung von der „Deutsch-Französischen Gesellschaft“ berufen und inspiriert seine ganzen Empfindungen und Gefühle in ein Buch gießen zu müssen. In diesem wollte er aber nicht nur die Vielfalt Mannheims zum Ausdruck bringen, sondern gleichzeitig bei den Lesern auch die Wahrnehmung dafür schärfen, was in dieser Hinsicht alles noch getan werden sollte, bzw. muss.
Somit war die Idee geboren ein Buch in Form einer Collage herauszubringen, das von Mannheimer Bürgern mit literarischen und künstlerischen Beiträgen mitgestaltet werden sollte. In diesem Zusammenhang ging Wellhöfer auch ständig der häufig auf den Veranstaltungen verwendete Begriff „Bunt“ durch den Kopf, und da die Beiträge ja das Zusammenleben repräsentieren sollten, kam er auf die geniale Idee ein Schwarz-Weiß-Buch zu kreieren, weil „Bunt“, aus seiner Sicht gesehen, zwar vieles benötigt, aber keine Farbe. Mehr Informationen dazu findet ihr auf der Homepage Wellhöfer Verlag.
Zusammen mit dem Initiator Gerhard Fontagnier von „Mannheim sagt JA!“, aus dessen Aktion mittlerweile ein gemeinnütziger Verein mit über 100 Mitgliedern geworden ist, machte Wellhöfer das anwesende Publikum darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, den Flüchtlingen, die derzeit zu uns strömen, zu helfen, und sich ihren Sorgen und Nöten anzunehmen, sprich Verantwortung zu übernehmen.
Aus diesem Grund würden auch 5 Euro pro verkauftes Buch direkt den derzeit im Flüchtlingsbereich tätigen Hilfseinrichtungen und Organisationen zu Gute kommen.
Im weiteren Verlauf stellte Herr Wellhöfer sein Team vor. Dieses besteht aus seiner Frau Nicole Fieber, Uwe Schnieders, Herbert W. Rabl und Johannes Paesler, wobei letzterer heute leider verhindert war. Den dankenden Worten des Verlagschefs, folgten dann die ersten Gedanken zu dem Buch „BUNT braucht keine Farbe“.
„BUNT braucht Toleranz, Selbstbewusstsein, Interesse, Spaß, Lebensfreude, Miteinander, respektvollen Streit, Wohlwollen, Anerkennung, Wertschätzung, Mut, Gelassenheit, Herzlichkeit, Neugier und vieles mehr. …“
Da es am heutigen Abend auch ins Besondere um diese doch häufig schmerzlich fehlenden Tugenden unserer ständig von Rivalität getränkten Leistungsgesellschaft ging, wollte sich der Verlagsleiter vor allem bei denjenigen bedanken, die maßgeblich an der Entstehung dieses Buches mitgewirkt haben, nämlich bei den Mannheimer Hobbyfotografen und Literaten. So gab es als Höhepunkt der Buchpräsentation eine sehr spannende Preisverleihung für die zehn besten Bilder oder Literaturbeiträge.
Präsentiert wurde die Ehrung von einer Jury, die nicht besser ausgewählt hätte sein können, denn neben Fouzia Hammoud, die ja selbst Migrantin ist, gehörten auch die Schauspielerin Bettina Franke, sowie der Leiter der Mannheimer Stadtbibliothek Bernd Schmid-Ruhe zu dem neutralen Komitee.
Um diesem Abend noch einen künstlerisch wertvollen Gesamtrahmen zu bieten, engagierten die Verantwortlichen die Ukulayers, eine fantastische Ukulele-Band, deren Musiker jeweils zu Beginn jedes neuen Programmpunktes ein ansprechendes, mal rhythmisch-schwungvolles, mal ruhig-nachdenkliches Musikstück anstimmten.
Nach und nach wurden nun die Beiträge und Künstler durch die Jury von Platz 10 bis Platz 1 vorgestellt und nach vorne gebeten. Die Jury hatte hier wirklich keine einfache Aufgabe zu bewerkstelligen, denn eigentlich hätten alle Teilnehmer einen Preis verdient gehabt, aber zehn Bilder oder literarische Texte hatten den drei Jury-Mitgliedern besonders gut gefallen.
Auf den Plätzen Zehn bis Sechs wurden Neslihan Soylu, Ulrike Schaller-Schulz-Koenen, sowie Soroor Ashouri Fard und Gerhard Heckmann jeweils für ein sehr eindrucksvolles Foto mit einem kleinen Blumenstrauß als Anerkennung beschenkt, und der sechst platzierte Fatleg Thematchy stellte seinen nachdenklichen Text gleich darauf zur großen Überraschung des Publikums unplugged-rappend, begleitet von Ukulayers-Keyboarder Peter Tröster vor. Selbstverständlich erhielt auch Fatleg Thematchy als Dankeschön einen Blumenstrauß.
Die nächsten drei Preisträger Ramin, Michele Nardelli und Kayiri Sylvie Toé konnten leider entweder aus persönlichen oder beruflichen Gründen nicht anwesend sein. Dennoch wurden ihre Beiträge von der Jury vorgestellt, und sie erhielten einen großen und dankbaren Applaus des Publikums.
So rückte das Komitee ziemlich schnell zum 2. Platz vor. Diesen belegte die Nachwuchskünstlerin Eda Yüksel für ihr Bild „Sie und Er am Rheinufer. – Zwei Städte. – Sie aus Mannheim, Er aus Ludwigshafen. – Eine Brücke. – Freunde.“
Jetzt wurde es natürlich spannend, denn die Ehrung des Siegers oder besser gesagt des Siegerbildes stand bevor. Hier war sich die Jury völlig einig und entschied sich für das beeindruckende Bild „Als Flüchtling in Mannheim“ von Tavakuli Sharif. Voller Stolz und Überraschung nahm der junge Iraner seinen Geldpreis von 500 Euro entgegen und teilte dem Publikum mit, dass er dieses Preisgeld nicht für sich, sondern für notleidende Kinder aus seinem Heimatland spenden wolle.
Der junge Migrant wendete sich im Anschluss noch mit einer kleinen, aber sehr tiefgehenden Rede an die Zuschauermenge und sprach ganz mutig einen gesellschaftlichen Allgemeinzustand an, den wir bisher als ANIMUS KLUB ebenfalls regelmäßig in unseren Berichterstattungen zu dem Thema Flüchtlingen erwähnt haben, nämlich er sagte: „Mannheim sagt Ja!“, war eine gute Sache. Aber nur „JA-sagen“, genügt nicht. Man muss auch „JA-machen“, aber zum „JA-machen“ benötigt es mehr Menschen. In diesem Zusammenhang fügte der Migrant noch zur großen Nachdenklichkeit der Verantwortlichen hinzu, dass er schon seit über 20 Jahren hier in Deutschland lebe, aber nicht wirklich integriert sei.
Mit dieser wahren Gegebenheit bremste Tavakuli Sharif natürlich unweigerlich die derzeitige Euphorie der helfenden Menschen, und brachte sie auf den Boden der harten Realität zurück, nämlich, dass 12.000 „JA-Sager“ halt noch lange keine 12.000 „JA-Macher“ sind.
12.000 Menschen sind auf Mannheim bezogen, und das haben wir auch schon erwähnt, gerade mal 5% der Bevölkerung, und obwohl es nur 5% der Bevölkerung sind, und die Zahl der tatsächlich helfenden Mitbürger, also die Zahl der „Ja-Macher“, noch um ein Vielfaches geringer ist, wird in der Presse oder auch von den Verantwortlichen sehr häufig von einer riesigen Beteiligung (?!) seitens der Bevölkerung gesprochen.
5% der Bevölkerung und weniger sind „riesig“? – Man verzeihe uns hier die Bemerkung, aber 5% der Bevölkerung und weniger, sind gar nichts, wenn man Menschen integrieren möchte, denn 5% der Bevölkerung und weniger sind auch viel zu wenig, um den Flüchtlingen, die jetzt mit ihren Ängsten und Nöten zu uns ins Land kommen, wirklich richtig helfen zu können. Riesig wäre für uns auf Mannheim bezogen eine Hilfsbereitschaft von 290.000 Menschen – das wäre wirklich RIESIG – denn genau diese Anzahl wäre wahrscheinlich auch notwendig, um ausländische Mitmenschen oder Flüchtlinge wirklich sehr gut in unsere Gesellschaft integrieren zu können, denn Integration funktioniert unserer Meinung nach nur dann wirklich richtig gut, wenn alle, oder zumindest fast alle mitmachen.
Da eine derartige Solidarität in unserer Gesellschaft leider niemals vorhanden sein wird, und wir es auch in Punkto Flüchtlingen für absolut utopisch halten nur 50% der deutschen Bevölkerung für eine aktive Mitwirkungsbereitschaft zu sensibilisieren, was ja auf Mannheim bezogen immer noch 150.000 Menschen wären, wird leider auch der Wunsch Flüchtlinge hier bei uns wirklich gut zu integrieren weiterhin ein Wunsch, oder besser gesagt ein Wunschtraum – eine Vision – von Idealisten bleiben, bzw., einzig und allein eine gesunde Lebenseinstellung des einzelnen Menschen, eine Lebenseinstellung, die auch nur von ihm selbst aktiv gelebt und im Zusammenleben verwirklicht werden kann, aber halt niemals von der gesamten Bevölkerung.
Bleibt also zum Schluss die traurige Erkenntnis, dass es in einer Leistungsgesellschaft für das Individuum nur eine einzige Möglichkeit gibt wirklich gut integriert und anerkannt zu werden, nämlich durch seine Leistung. Erst dann, wenn unsere Gesellschaft irgendeinen Nutzen aus den Fähigkeiten oder Talenten eines Flüchtlings ziehen könnte, sprich Geld verdienen, wäre eine Integration in unsere Gesellschaft sofort und unkompliziert möglich. Anders leider nicht. Diese Worte klingen jetzt zwar sehr hart und gehen mit unserer Gesellschaft auch genauso hart in die Kritik, aber sie spiegeln unweigerlich eine ganz traurige Wahrheit wieder, die nicht nur in der Person von Tavakuli Sharif allgegenwärtig ist, sondern sich auch in vielen Textzeilen von „BUNT braucht keine Farbe“ wiederfindet.
„Ich lebe in Deutschland“ … So viel Papier, so viele Briefe! … Ohne Termin kein Besuch, auch nicht bei Freunden!… „Wo ist die Sonne?“ … Der Sportplatz ist gesperrt! … Man kennt die Nachbarn nicht! … Was ich kennengelernt habe: Kein Bock, keine Lust, keine Zeit! … „Wo ist der blaue Himmel?“ …“ (Auszug aus dem Text – Ich lebe in Deutschland von Ramin)
Bilder: Alexander Höfer
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„Toleranz, Selbstbewusstsein, Interesse, Spaß, Lebensfreude, Miteinander, respektvollen Streit, Wohlwollen, Anerkennung, Wertschätzung, Mut, Gelassenheit, Herzlichkeit, Neugier und vieles mehr…“ – (Zitat: BUNT, brauch keine Farbe)
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