„Die Muse küsst nur denjenigen, den sie beim Arbeiten antrifft!“ – Yvonne Weber erzählte frech, frisch, fromm und fröhlich aus dem Leben des Künstlers Tomi Ungerer!
Zum ersten Mal beteiligte sich auch das Wilhelm-Hack-Museum an der Französischen Woche Heidelberg-Mannheim, und der erste Vorsitzende der Deutsch-Französischen-Gesellschaft Ludwigshafen Claus Schönbucher teilten den zahlreichen Zuschauer nach seiner Begrüßung mit, dass er derzeit daran arbeiten würde, dass im nächsten Jahr noch mehr Programme in Ludwigshafen stattfinden können, und dass Ludwigshafen dann auch zukünftig auf dem Werbeplakat als Name erscheinen darf.
Schönbucher freute sich sehr darüber, dass seine Heimatstadt Ludwigshafen in diesem Jahr mit drei Veranstaltungen vertreten war, und darüber, dass der Funke der völkerverständigenden regionalen Veranstaltung über die Reinbrücke übergesprungen ist.
Mit einem großen Applaus begrüßte dann das Publikum, die allseits bekannte Yvonne Weber, die sofort mit ihren überschwappenden Wortreimen die Herzen des Publikums für sich gewinnen konnte. Schnell war klar, Langeweile würde bei dem knapp zweistündigen Vortrag aus dem Leben des heute 84-jährigen Elsässer Künstlers Tomi Ungerer nicht geben.
Tomi Ungerer, 1931 in Straßburg als Nesthäkchen dreier gut zehn Jahre älteren Geschwister geboren, entpuppte sich schon in frühester Kindheit als scharfsinniges und kritisches „Plappermaul“, der zur gleichen Zeit auch anfing aufgrund seiner Begabung ein Tagebuch in malerischer Gestalt anzufertigen.
Nach dem frühen Tod seines Vaters 1935 zog seine Mutter zusammen mit den vier Kindern wieder nach Logelbach, einen Vorort von Colmar, und kümmerte sich fortan sehr überbehütend, um den kleinen Vierjährigen, der bis zu dem Tag von Freunden und der Schule ferngehalten wurde, als die Nazis im Elsass einmarschierten, und die Deutsche Schulpflicht einführten.
Hier war Ungerer genauso wie alle anderen Kinder gezwungen innerhalb von nur drei Monaten Deutsch zu lernen. Danach war Französischsprechen nämlich verboten, und man konnte bereits für ein einfaches „Bon Jour“ oder „Merci“ verhaftet und eingesperrt werden. „So einfach und schnell lernt man eine Sprache!“, so Ungerer später in einem Interview.
Als 12-jähriger blitzte sein großes malerisches Talent das erste Mal sichtbar auf, denn er brachte das Schicksal der Menschen sehr bunt und erschreckend authentisch zu Papier. Schon damals ließ der kleine Tomi in vielen Bildern seinen zynischen Humor, sowie seine Kritik am Regime der bösen Deutschen aber auch teilweise einen ganz heftigen Sarkasmus einfließen, was ihm nicht immer Freunde einbrachte.
So wurde Ungerer nicht selten auch mit der heute immer noch vorhandenen Untugend „Ehrlichkeit macht einsam!“ konfrontiert, denn viele ignorierten den großartigen Künstler und sein Talent. Auch in der Schule rutschte er aufgrund seiner ständigen, wenn auch immer berechtigten Kritik an der Gesellschaft, regelmäßig ins Abseits, wurde als Querulant und „subversiv“ eingestuft, und durfte, obwohl er vier Sprachen fließend spricht, kein Abitur machen, was im Nachhinein auch sehr gut war, denn sonst hätte die Malerei wahrscheinlich heute einen bedeutsamen Künstler weniger; einen Künstler, dem man bereits heute schon, also noch zu Lebzeiten, ein Museum eingerichtet hat.
Nach dem Krieg verschlug es den jungen und engagierten Ungerer nach Amerika. Dort machte er dann die ersten größeren Karriereschritte, bekam Aufträge, und zeichnete fortan für große Zeitungen, Mangerbroschüren und Werbeagenturen. Eine der bekanntesten Werbezeichnungen Ungerers ist sicherlich der marschierende Mais für das Bonduelle-Gemüse, verbunden mit dem ebenso bekannten Spruch: „Bonduelle ist das famose Zartgemüse aus der Dose!“
Aber auch in den Staaten machte sich Ungerer nicht überall beliebt, da er sich auch hier erlaubte das dortige Establishment kritisch zu karikieren, und in dieser Zeit auch noch eine Reihe Akte veröffentlichte, die damals, fälschlicher Weise, von „Kunstkritikern“ als pornografisch eingestuft wurden.
Neben sage und schreibe 40.000 Zeichnungen, veröffentlichte der Workaholic im Laufe seines bisherigen Lebens auch noch 140 Bücher, vorwiegend Kinder- und Jugendliteratur, sowie Bücher für Katzenliebhaber und ganz große Elsass-Freunde. Sein wohl bekanntestes und interessantestes Kinderbuch ist sicherlich „Die drei Räuber“, in dem es um ein entführtes Mädchen geht, das konträr zur damaligen Zeit, innerhalb der Geschichte ihre Entführer zu guten Menschen erzieht, sodass diese am Ende ihr ganzes Hab und Gut an ein Waisenhaus spenden.
Tomi Ungerer selbst, und genau das ist das sympathische an ihm, blieb immer so, wie er war, und ließ sich von nichts und niemandem verbiegen. Bis heute lebt er seine Kunst, bringt seine unzähligen kreativen Gedanken in nachdenklichen Bildern und Worten zu Papier, und blieb vor allem neugierig für Neues, sowie die Sprache und das Lernen.
Seit 1979 waren seine Werke in über 100 Ausstellungen auf der ganzen Welt zu sehen. Wir sprechen unseren Respekt aus.
Bilder: Alexander Höfer
Diese Berichte könnten euch auch interessieren:
Les Francines | Jazz apéro mit Triologie | Tout d’un Loup | Il est bel et bon |
Le Sacre du travail | [7P] | Tour der Kultur | Allez, les Bleus! |
ANIMUS KLUB
Nach drei Tagen Vollmond bin ich entweder fertig, oder ich schreibe ein Buch! – (Tomi Ungerer)
„Hat euch unser Bericht gefallen?“ – Wenn ja, dann würden wir uns über euer „Like“ und einen Kommentar auf Facebook sehr freuen. Vielen Dank