„Was ist wichtiger, ein Mensch oder alle?“ – Jugendtheatergruppe St. Pius bot mit ihrem aktuellen Theaterstück brisante Unterhaltung und hinterließ bei ihrer Premiere eine überzeugende Live-DNA beim Publikum!
„Er ist tot!“, mit diesen Worten beginnt das Jugenddrama DNA, das die Zuschauer gleich darauf in eine ganz düstere Welt eintauchen lässt, und die jugendlichen Hauptdarsteller mit einer nicht alltäglichen Extremsituation konfrontiert.
„Adam ist tot!“, soviel stand für Joe’s Clique fest, und ganz langsam enthüllen sich auf der Bühne nun die schrecklichen Ereignisse rund um den Tod des Kameraden. In einer atemberaubenden Dramatik konfrontieren uns die Jugendlichen mit einer ganz grausamen Wahrheit, die wir nicht selten auch in unserer heutigen gesellschaftlichen Mitte vorfinden. Adam wurde nämlich von ihnen regelmäßig getriezt und vorgeführt (gemobbt). Man machte sich seine Späße mit dem Schwächling, oder besser gesagt belustigte sich auf seine Kosten. Und dann im Wald, habe man den Loser vor eine Mutprobe gestellt. Er sollte auf ein Gitter springen, was er natürlich auch tat. Danach habe man mit Steinen beworfen, und sich über seinen doofen Gesichtsausdruck lustig gemacht, und je doofer dieser Ausdruck wurde, desto mehr Steine warf man auf ihn. Der lustigste Moment war jedoch, als ein Stein ihn direkt im Gesicht traf. „Wir sind fast gestorben vor Lachen!“ – Wenig später brach das Gitter und Adam fiel in die Tiefe. Danach verging den Jugendlichen das Lachen sehr schnell. „Adam ist tot!“
Nachdem diese traurige Wahrheit nun offen und ausgesprochen vor den Jugendlichen auf dem Tisch lag, entwickelte die Geschichte eine ganz eigene, und stellenweise nicht mehr kontrollierbare Dynamik. Gekonnt und sehr authentisch spielen die Jugendlichen die unterschiedlichen Verhaltensweisen mit Trauer und Verdrängung umzugehen, aber auch das überfordert sein mit der Situation selbst.
Anführerin Joe, gespielt von Nancy Schan, die ihre Cliquenmitglieder unermüdlich zu Gehorsam und Unterwerfung zurechtbügelte, und gleich zu Beginn ihre Kontrahentin Elli, gespielt von Katrin Kaiser mit Worten und Einschüchterungen stumm stellte, erhöhte den Spannungsbogen genauso wie der introvertierte, ja fast schon autistisch wirkende Phil, dargestellt von Jakob Boudgoust, der einfach nur in sich verschlossen da saß und kein einziges Wort sprach, aber auch kein einziges Wort an sich heranließ. Selbst die vielen Annäherungsversuche seiner sich häufig den Mund fusselig redenden Freundin Leah, charakterisiert von Aylin Hardkte, prallten an ihm ab, wie die Regentropfen an einer Windschutzscheibe, ganz so, als würde eine unsichtbare Wand vor ihm stehen. Undurchdringbar einerseits, aber auch verschlossen andererseits, präsentierte sich Phil, dessen Ideen wenig später die Gruppe beeinflussen, leiten und handeln ließen.
Hier rückten auch die beiden obercoolen und starken „Möchtegernmachos“ Mark, repräsentiert von Manuel Uphoff und Jan, gespielt von Benni Schan, immer mehr in den zentralen Mittelpunkt des Geschehens, indem sie die Gruppendynamik mit flapsigen Sprüchen, sowie exzellent gespieltem halbstarken Verhalten bereicherten.
„Jetzt bloß keinen Fehler machen, sonst kommen wir alle ins Gefängnis!“ – Vertuschung ist angesagt, und der anfangs so verschlossene Phil, schmiedete einen intelligenten aber unglaublich perfiden Plan, um die Spuren der Tat zu verwischen. Gleichzeitig kam dabei auch seine ganz beängstigende psychopatische Seite zum Vorschein. Spätestens als das teuflische Unterfangen feststand, legte sich ein kalter Gänsehauschauer auf die Rücken der Zuschauer, zumal die Jugendgruppe, sowohl mit dem Thema, als auch dem durchaus berraschenden Handlungssprung nahtlos an die Tabus der beiden ganz große Werke „Der Herr der Fliegen“, und dem authentischen Drama „An American Crime“ anknüpften.
Kinder quälen und töten Kinder (!), versuchen sich aber gleichzeitig der Verantwortung dadurch zu entziehen, indem sie die Tat entweder geschickt vertuschen, falsche Sachverhalte vortäuschen oder sie Unschuldigen in die Schuhe schieben. Ein Thema das eigentlich ausreichend Zündstoff für eine seriöse und professionelle Talkshow liefert, bot sich uns fortan in einem emotionalen Gefühlskino auf einer immer nebligeren Bühne, bei dem die Jugendlichen der Theatergruppe auch hin und wieder an ihre Grenzen gingen.
„Wenn du das nicht bei der Polizei aussagst, dann bringen wir dich um!“ – „Und wenn du dich weiterhin weigerst, dann werfen wir dich genauso wie Adam in den Schacht, und dann kannst du auf seiner Leiche liegen!“, bedrohte Phil, die völlig am Boden zerstörte, tränenüberströmte und sich vehement weigernde Charly, dargestellt von Jessy Schan.
Schockstarre und Gefühlskälte machten sich im weiteren Verlauf der Geschichte breit, Begleitet von beängstigender Ignoranz, aber auch Feigheit. Auch das bereits schon erwähnte Fluchtverhalten Phils charakterisierte weiterhin das spannende Szenario auf der Bühne.
Unermüdlich plappernd und mit allen Regeln der Verführungskunst versuchte Leah ihren Freund Phil dazu zu bewegen sie endlich zu lieben und zu begehren. Aber dieser saß weiter in seinem Gefängnis hinter einer unsichtbaren Mauer, in der es weder Tür noch Fester zu geben schien.
„Adam war tot“ – „Hoffentlich findet niemand heraus, wie er ums Leben kam!“ – „Und hoffentlich findet auch niemand heraus, dass sie verantwortlich für seinen Tod waren!“ – Zwei Fragen, die nicht nur unausgesprochen auf der Bühne kursierten, sondern auch das Unterbewusstsein der Zuschauer in Anspruch nahmen. Die Jugendgruppe lieferte mit dem rund 90-minütigen DNA-Stück wirklich starken und pädagogisch sehr wertvollen Tobak, der vor allem zum Nachdenken anregte.
„Wenn wir uns nicht verplappern, dann kann uns auch nichts passieren!“ – Eine Logik, die vielleicht den Jugendlichen sogar zur Tragik wird? ….
Das Lob und der Applaus für die junge Truppe von Regisseur Thomas Kreidermacher konnten an diesem Abend gar nicht groß genug sein, denn von den Jugendlichen wurde nicht nur das Jugenddrama exzellent auf die Bühne gesetzt, sondern auch die komplette Technik – der Sound, das Licht, sowie das Filmen des Stücks im Hintergrund übernommen.
Aus diesem Grund möchten wir unsere Leser und Interessierte noch auf zwei weitere Vorführtermine von DNA aufmerksam machen, an denen es noch einmal die Möglichkeit gibt, dieses tolle Stück von der St. Pius Theatergruppe Mannheim-Neuostheim anzuschauen. Wenn ihr auf den Link drückt, kommt ihr direkt zur Anmeldung für die jeweilige Veranstaltung.
DNA – Samstag, 13. Februar um 19.30 Uhr
DNA – Sonntag, 14. Februar um 15.00 Uhr
Bilder: Alexander Höfer
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