Snuff-Skool, Ekilibuá, Gummistiefel-Flöten, Holzklanginstrumente & Kuh-Karusell, Crai de Trottoir, sowie Comix – Chaos – Capriolen mit dem irren Motorsägenjongleur Christoph Engels! – Der 3. Tag des Straßentheaters in der Rückschau!
Dass die Verantwortlichen erstmals drei Tage lang dieses Superevent in ihre Stadt holten und wir damit die Gelegenheit bekamen, alle Künstler zu sehen – darüber freuten sich vor allem unsere Kinder so riesig – das sie quasi den Rappel kriegten, und insgesamt 2.450 Bilder von den Shows machten. So haben wir erstmals einen unglaublichen Materialfundus, der es uns ermöglicht, die Bilder nach „sehr gut – gut, und brauchbar“ zu sortieren, aber auch erstmals unter der Rubrik „weltklasse“ einzuordnen. Es ist schon beachtlich, welche tollen Bilder und Szenenschnappschüsse unsere Kiddies hier von den einzelnen Künstlern gemacht haben. Übung macht tatsächlich die Meister! – Respekt!
2.450 Bilder müssen aber erst einmal durchgeschaut und bearbeitet werden, was unglaublich viel Zeit in Anspruch nahm. Dennoch freuen wir uns sehr den 17 Künstlern in den nächsten Tagen die besten Fotos von uns via E-Mail als kleines Dankeschön für ihre fantastischen Shows zukommen zu lassen.
Ein weiteres Dankeschön möchten wir abermals den Verantwortlichen des Straßentheaters zukommen lassen, denn sie haben uns in diesem Jahr noch eine weitere Möglichkeit gegeben etwas ganz besonders zu erleben, nämlich erstmals hinter die Kulissen der Künstler zu schauen, und dabei zu erfahren, wie Straßentheater eigentlich gemacht wird.
So begann unser dritter Tag mit der Snuff-Skool, also den Künstlern, die uns am ersten Tag mit ihren wandelnden Organen so beglückt und fasziniert haben. „Wer verbirgt sich hinter diesen „Kreaturen“, und wie funktionieren diese? – Was müssen die Künstler eigentlich im Vorfeld alles beachten usw.?“ – Das, und noch vieles mehr durften wir in diesem Workshop erleben und erlernen.
Zunächst einmal müssen wir euch mitteilen, dass eine Aufführung in diesen Puppen unglaublich viel Kondition erfordert. Die Teile sind nämlich bis zu 25 Kilogramm schwer, und wenn die Temperaturen, wie am Freitag, die 30°-Grad-Marke erreichen, dann ist es im Innern noch viel heißer. So müssen sich die Künstler zunächst einmal sehr gut aufwärmen. Und wie ein Aufwärmprogramm mit den Snuff-Puppies aussieht, darüber wollen wir euch nun berichten.
Vergesst sämtliche Aufwärmphasen, die ihr aus dem Sport- oder Fitnessbereich kennt. Diese sind häufig sehr monoton oder stupide, und machen deshalb auch den meisten Kindern überhaupt keinen Spaß. Das „Oh-Gott-Aufwärmen-Gefühl“ wird bei den Snuff-Puppies allerdings zu einem „Fun-Erlebnis“ schlechthin umgewandelt, denn hier läuft während den schweißtreibenden Übungen bereits jede Menge Jux und Tollerei. So zierte durchweg ein breites Grinsen die Gesichter der Teilnehmer, und auch unsere Kiddies konnten kaum gerade stehen vor Lachen, was ja durchaus auch einige Muskelpartien dehnte.
Tolle „La-Ola-Übungen“, fliegende Arme und ein Händeverknotungszirkus erheiterten die Stimmung, und die Aufgabe sich durch geschicktes Drehen und Wenden aus den vielen Klauen zu entwirren, ließ ein unglaubliches Wohlbefinden aufkommen.
Danach noch ein paar Reaktionsspielchen – das bekannte Zick-Zack-Boing, sowie eine Art „Reise-nach-Jerusalem“ – und dann ging es bereits an das Eingemachte. Jetzt durften wir selbst einmal Straßenkünstler spielen und in die Puppies hineinschlüpfen. Das war ein ganz besonderer Moment für unsere Kids, die unbedingt einmal das Auge und die Nase ausprobieren wollten.
Dass die Bedienung dieser Puppies nicht so einfach ist, wie es am Freitag aussah, merkten sie sofort. So dauerte es schon ein bisschen bis sie sich darin fortbewegen konnten. Beim Auge gibt es ja zusätzlich noch Bedienteile um die Pupille zu drehen und das Augenlid auf und ab zu bewegen.
Die Nase erforderte auch eine ganz spezielle Bedienung, um sich in ihr fortzubewegen, oder auch auf den Boden legen zu können. Hier ist vor allem sehr viel Gymnastik gefragt. Minutenlanges ausharren im Handstand oder auf den Schultern liegend, dazu noch das Gewicht, kosten enorm Kraft und Ausdauer. Der Mund und die Hand sind besonders schwierig zu bedienen. Nur eine Teilnehmerin wagte sich an die „Herausforderung Mund“, stellte aber sehr schnell fest, dass es schier unmöglich war, sich darin zu bewegen, geschweige denn sich so zu bewegen, dass ein schönes Theaterspiel zustande kam.
Aus diesem Grund haben die Snuff-Puppies Skelette in allen Größen mitgebracht. Von außen ziemlich schmuddelig, aber im Innern samtweich, durften wir einmal nachfühlen, wie es ist, als Skelett durch die Gegend zu laufen, und bekamen von den Künstlern eine genaue Anleitung wie wir uns in dieser Maskerade bewegen sollten. Das Posieren vor der Kamera des OK-Ludwigshafens und ein riesiges Nilpferd waren dann die Highlights des Workshops. Klar, dass wir das Nilpferd ganz genau unter die Lupe genommen haben.
Nach zwei Stunden Workshop ging es weiter zu einem erneuten Novum des Straßentheaters. Erstmals gab es mit ETIENNE FAVRE und dem THEATRE DE LA TOUPINE zwei Künstler, die eine Erfahrungs- und Klangerlebniswelt rund um den Hackgarten positionierten. Das war vor allem ein Bereich für die Kinder, und alle Erwachsenen, die immer noch gerne Kind sein möchten. Ein spezieller Karussellbereich für die ganz kleinen 2-6-järhigen Besucher befand sich ganz am Ende dieser Welt, die uns vom ersten Augenblick an faszinierte.
Hier gab es viele geniale Sachen auszuprobieren. Angefangen von Holzspielzeugen, die auf besondere Art und Weise Klänge und Melodien erzeugten, bis hin zu drehbaren Objekten, die ihrerseits die unmöglichsten Klanglaute von sich gaben. Es war einfach wunderschön, was die beiden Künstler hier den Besuchern offerierten.
Auch der Standort dieser interessanten Mitmachvernissage hätte mit dem Gelände rund um unseren geliebten Hackgarten nicht besser sein können. Dieses Ambiente passte kongenial, denn es vermittelte gleichzeitig eine unglaubliche Ruhe, die notwendig war, um die einzelnen Experimente vollständig in sich aufzunehmen.
Da waren Blechpuppen, die dem des berühmten Robbis aus der Kinder-Kult-Serie der 70’er Jahre „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ unglaublich ähnlich sahen. Als Kopf diente eine Camping-Kaffee-Kanne aus Blech. Die Figuren selbst waren an Fäden verbunden, die entweder mit den Händen oder Füßen bedient werden konnten. Hier durften wir mit der Marionette Trommellaute erzeugen, oder versuchen ihre Hände mit einer magnetischen Kugel zu verbinden. Daneben war es möglich sie durch Bewegen der jeweiligen Stränge zum Tanzen zu bringen, oder ihre Hüften wie ein Go-Go-Girl schwingen zu lassen.
Ein Flaschenkarussell klimperte beim Drehen eine wundersame Melodie, und eine Gummistiefelorgel, die beim Drücken der Gummistiefel jeweils einen Note der C-Du-Tonleiter von sich gab, ließ uns aus dem Staunen und Ausprobieren überhaupt nicht mehr herauskommen.
Aber wir mussten nach gut einer Stunde wieder weiter, denn auf dem Karl-Kornmann-Platz vor dem Jugendkulturzentrum „Das Haus“ warteten bereits die beiden Artisten von CIA MAINTOMANO auf uns. Er – ein starker Muskelprotz – Sie – eher eine zierliche und wendige Freche – treffen in ihrer Show Ekilibuá aufeinander. Gemeinsam zelebrierten sie das Equilibrium – also das körperliche und mentale Gleichgewicht – auf die Bühne. Und diese beiden Dinge, sowohl das körperliche, als auch das mentale Gleichgewicht, waren auch bitter notwendig, hantierten sie doch mit überschweren Holzrädern, an die sie sich nicht nur auf ganz besondere Art und Weise dranhängten, sondern sie auch übereinanderstapelten.
So bekamen wir eine Mischung aus Akrobatik, tänzerischen, sowie schauspielerischen Einlagen geboten, die mit einem Hauch sehr anschaulicher Objektbeherrschung gewürzt waren. Immer wieder präsentierte der Herkules seine Stärke, indem er die kleine und zierliche Artistin nach allen Regeln der Kunst, und selbst sogar in den unmöglichsten Positionen hoch hinaus in den Ludwigshafener Himmel hielt.
Unglaublich genial wurden während der Vorführung die Räder so nach und nach übereinandergestellt, sodass der Muskelprotz seine Partnerin auch auf diesem debei entstandenen Turm abstellen konnte. Der Turm ermöglichte der Artistin aber auch nach allen Regeln der Kunst und in einer vorher noch nie gesehen Art und Weise zu verbiegen. Zum Ende der Show stockte dem Publikum dann bei einer nervenzerfetzenden Messerwerfer-Aktion kurzzeitig vollständig der Atem.
Atemberaubend ging es weiter mit dem total durchgeknallten CHRISTOPH ENGELS, der uns mit seiner Show „Comix – Chaos – Capriolen“ total kirre machte. Engels, ein clownesquer Unterhalter der besonderen Art, brillierte gleich zu Beginn mit witziger Situationskomik, indem er die Lacher des Publikums dahingehend kommentierte, dass das ja alles noch nicht zu seiner Show gehören würde.
Als er jedoch seine Motorsäge einschaltete, und diese dann als Aufwärmaktion mal kurz wie eine Keule durch die Luft von der einen Hand in die andere fliegen ließ, da entstand dann schon eine Gefühl zwischen Faszination und Unbehagen. Aber das gehörte ja alles noch nicht zu der Show, genauso wenig wie die fulminante Aktion das Diabolo gut 10 Meterhoch hinaus zu werfen, und beim dritten Mal zum tosenden Applaus der Zuschauer problemlos wieder aufzufangen.
Danach rockte der Gaukler allerdings, was das Zeug hielt, und jonglierte anstatt mit drei Bällen, gnadenlos mit Apfelsine, Gurke und Motorsäge. Respekt.
Gnadenlos ging es weiter, und da es Engels alleine nicht schaffte auf sein Hochrad zu klettern, trug er sich kurzer Hand einfach seine Helfer direkt aus dem Publikum heraus auf die Bühne. „Du bist genau der richtige. Dich nehme ich mit!“, sagte er zu dem kräftigen fast zwei Meter großen André, hob ihn über die Zuschauer und schleppte ihn Richtung seines Einrades.
Hinsichtlich Einrad fahren haben wir ja schon viel gesehen, vor allem wissen wir, wie schwer das ist. Aber dass ein Fahrer auf einem so hohen Rad auch noch zeitweise eine Schussligkeit spielt, wie wenn er überhaupt nicht fahren könnte, und dabei das Gleichgewicht selbst sogar in Positionen halten kann, in denen selbst geübte Fahrer eigentlich unweigerlich herunterfallen würden, das war schon ganz, ganz großes Kino.
Wie ein Irrer sauste Christoph Engels urplötzlich hinter den Zuschauern herum, um sich einen neuen Helfer zu suchen, der ihm für sein großes Finale helfen sollte.
Da er keine ideale Person fand, durfte ihm der starke André erneut helfen ihm die Feuer-Keulen zuzuwerfen. Ein gewagtes Unterfangen, das der Gaukler bravourös meisterte. Minutenlang rauschte er im Jubel der Zuschauer in seiner Arena herum, und jonglierte die Feuerkeulen durch die Luft, dass es eine wahre Freude war zuzuschauen.
Unser großes Finale des diesjährigen Straßentheaters gehörte dem belgischen Pantomimen-Ass HENDRIK & CO, der uns in seiner neuen Performance „Craie de Trottoir“ Straßenkreide – äh, Straßentheater in Reinkultur servierte. Ausgestattet mit einem Koffer, einer Kreidetafel und einem Stuhl. Mehr bedurfte es nicht an Requisiten für seine Show. Alles andere, was er brauchte, um die Zuschauer großartig zu unterhalten, holte er sich nach und nach auf die Bühne.
Zunächst einmal galt es einen Notenständer aufzubauen. Da Hendrik dafür zu faul war, holte er sich einfach einen Jungen aus dem Publikum. Dieser hatte nun die Aufgabe, und durchaus auch einige Probleme, diesen Notenständer richtig aufzustellen. So bekam er professionelle Anleitung in Form von Gestik und Mimik, und zu guter Letzt auch noch Hilfe dabei, den Notenständer so zu positionieren, dass Hendrik die Titeltafel „Craie de Trottoir“ darauf aufstellen konnte.
Nun holte der Meister eine Kreide aus seinem Koffer und markierte erst einmal die jeweiligen Sitzbereiche für die Zuschauer. So zeichnete er zum Beispiel einen Parkplatz für einen anwesenden Kinderwagen, und machte mit dem Wort „BACKSTAGE“ unmissverständlich den hinter ihm stehenden Zuschauern deutlich, dass sie dort nichts verloren hatten.
Gleich darauf malte er einen kleinen Teppich, der, wie wir wenig später feststellten, als Fußabtreter dienen sollte. Hendrik wollte also, dass die Leute erst einmal ihre Schuhe abstreiften, bevor sie zu ihm auf die Bühne kommen durften. Den zweiten Jungen, den er zu sich auf die Bühne holte, war unser Slawa. Er durfte nun auf Anweisung von Hendrik eine markierte Treppe nicht nur hinaufgehen, sondern würdevoll emporstolzieren. Danach musste er wie eine Seiltänzerin über eine gerade Linie laufen, und auf dem Rückweg theatralisch die Hände mal nach rechts und mal nach links hängen lassen, um Gleichgewichtsstörungen zu signalisieren. Die Treppe musste er im Anschluss dann, begleitet von einem großen Applaus des Publikums, nach unten trampeln.
Ein weiterer Höhepunkt der Performance war das Indianerfeuer. Hier holte sich Hendrik den nächsten Jungen auf die Bühne, der zuerst einmal zusammen mit ihm ums Feuer tanzen durfte. Ausgestattet mit Indianerfeder durfte er wenig später solo weitertanzen, während der Meister den Höhepunkt auf einer Kreidetafel vorbereitete. Der Indianer sollte ihm einen Apfel vom Kopf schießen. Also Bogen kräftig anspannen, und dann mit der Unterstützung eines lauten „Zisch“ des Publikums …
Ein zweiter Versuch war notwendig, weil der „Zisch“ beim ersten Mal nicht hörbar war. Zu guter Letzt durfte der Junge dann noch mit einer Wasserflasche die lodernden Flammen des Feuers löschen. So einfach, oder besser gesagt, einfach genial, kann schöne Unterhaltung sein.
Deshalb verabschieden wir uns, genauso wie Hendrik, mit einem ganz applausstarken „MERCI“ bei den Verantwortlichen des Ludwigshafener Straßentheaters und den 17 großartigen Künstlern für diese drei wunderschönen Tage. Wir freuen uns heute schon auf das 19. Straßentheater im nächsten Jahr.
Bilder: Slawa Kostin & Daniella Kostina
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