Zwischen Hoffen und Bangen! – Momente der besonderen Begegnungen mit Asylantenkindern hiterließen bei den Besuchern des Flüchtlingsfests in der Mannheimer Benjamin-Franklin-Village Spuren der Nachdenklichkeit!
Prolog: „Hoffnung: Sie ist in Wahrheit das Übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert!“ (Friedrich Nietzsche)
„Welcome, Soyez bienvenu, Suswágatem, Salam walekum.“ Mit diesen Worten hieß Frau Anna Barbara Dell, die Moderatorin des Begegnungsfestes die zahlreichen Besucher in der Benjamin-Franklin-Village, der ehemaligen amerikanischen Militärkaserne willkommen, und bedankte sich als erstes einmal bei den vielen Einrichtungen, Organisationen und Helfern, die dieses wichtige Fest überhaupt möglich gemacht haben.
Die fleißigen Veranstalter, die Geschäftsstelle für kulturelle Stadtentwicklung, sowie die MWSP, hatten am heutigen Tage eine kleine logistische Meisterleistung vollbracht, und in den Innenhof eines Barackenkomplexes eine kleine überdachte Bühne mit einer großen PA-Anlage aufgebaut, und natürlich auch Essens- und Infostände aufgestellt, damit die Gäste ihren Hunger, und natürlich auch ihr Wissen über das Thema „Asylanten in Deutschland“ stillen konnten. Zusätzlich boten die Verantwortlichen den Kindern die Möglichkeiten Fußball oder Basketball zu spielen, an einem Rap-Workshop teilzunehmen, oder beim ASB Sanitäter bzw. Unfallopfer zu sein.
Auch für die musikalische und künstlerische Unterhaltung war bestens gesorgt. Den Anfang machte hier, der für uns bekannte Pädagoge, Musiker und Komponist Uli Krug, den wir bereits im letzten Jahr mehrfach in der Mannheimer Bernhard-Kahn-Bibliothek live an der Gitarre erleben durften. Heute mal zu unserer großen Überraschung nicht an der Gitarre, sondern an einer Riesenbass-Tuba präsentierte er zusammen mit seinen beiden Mitstreitern dem Publikum sehr eingängige Jazzklänge mit richtig guten Soloeinlagen zum Mitklatschen.
Danach gab es die ersten Begrüßungsworte politischer Prominenz. Anstelle des leider verhinderten Mannheimer Oberbürgermeisters Dr. Peter Kurz trat der Mannheimer SPD-Stadtrat Ralf Eisenhauer auf die Bühne, und hielt nicht nur eine sehr schöne Rede, über das Großteils ehrenamtliche Engagement der Mannheimer Bürger, sondern griff im Anschluss daran, zur großen Überraschung der Zuschauer, selbst zur Gitarre, um den Asylanten mit dem Titel „Imagine“ von John Lennon sehr viel Hoffnung zu machen.
Nach diesem ergreifenden Friedenssong betrat der irakische Musiker Ali Jabor die Bühne. Der im ersten Golfkrieg geborene und seit einigen Jahren in Karlsruhe lebende Flüchtling, betrachtet sich als Abkömmling der sumerischen Hochkultur, und berichtete uns davon, dass er in seinem Heimatland eigentlich sein ganzes Leben lang nur Gewalt und Krieg erlebte, bzw. sich nichts sehnlicher wünschte, als seine Musik in Freiheit ausüben zu dürfen. Er schilderte uns ganz erschütternde Zustände, die uns ein wenig an den Film erinnerten, den wir bei unserem Besuch des Heidelberger Kunstvereins im Herbst des letzen Jahres bei der Afghanistanausstellung gesehen haben. Gleich nach dem Interview spielte uns Ali Jobor mit seiner Oud, einer arabischen Gitarre, drei sehr melancholische heimatverbundene Lieder vor.
Neben Musik gab es auf dieser Begegnungsfeier aber auch sprachliches Kulturgut zu genießen. Kymil Topchi, ein Bulgarischer Regisseur, der schon seit drei Jahren in Mannheim lebt, war heute zusammen mit seiner Theatergruppe auf dieses Fest gekommen um mit seiner vom lyrischen Schöngeist her betrachtet, sehr anspruchsvollen Perfomance, ebenfalls ein Zeichen der Hoffnung für die Asylanten zu setzen, deren Status (Schicksal) ja auch immer – und gerade derzeit – unmittelbar davon abhängig ist, ob die Bundesregierung und der Bundesrat – am kommenden Freitag – ihre Heimatländer als sicher einstufen, oder diese weiter als risikoreich gelten.
So war die Stimmung dieses schönen Festes, bei dem man sich einfach nur zurücklehnen und die Seele baumeln lassen konnte, auch ein wenig getrübt von der bevorstehenden Entscheidung des Bundesrates, und wir konnten vielen Menschen nicht nur an ihren Gesichtern ablesen, sondern auch innerhalb der Gespräche mit ihnen entnehmen, dass sie derzeit emotional ganz stark zwischen Hoffen und Bangen hin- und hergerissen wurden.
Leider haben wir von dieser Aufführung keine Bilder, weil just im selben Moment einige unserer Kinder einen Einführungskurs in Erster Hilfe bekamen und sie dabei erlernen konnten, wie man in einem Ernstfall Unfallopfer richtig birgt, bzw. erstversorgt.
Als nächstes stand der afrikanische Musiker A.M. Gaio auf dem Programm. Der Musiker musste 2001 aus seinem Heimatland Guinea Bissau fliehen und kam, wie uns die Moderatorin Frau Dell berichtete, erst nach einer sehr langen Odyssee hier in die Kulturhauptstadt Mannheim.
Auch für ihn war es eine Selbstverständlichkeit heute für die Asylanten Partei zu ergreifen, und den Besuchern auf seiner Cora – einer afrikanischen Harfe – seine musikalische Kunst, eine Mischung aus westafrikanischen Klängen, Jazz und World-Musik zu präsentieren.
Nach großem Applaus kündigte Frau Dell nun die bekannte Mannheimer Schauspielerin Bettina Franke an. Die schon sehr lange Jahre am Nationaltheater agierende Künstlerin rezitierte uns wunderschön intoniert ein Gedicht von der bulgarischen Sängerin, Lyrikerin und Philologin Jonka Hristova, die heute leider nicht persönlich anwesend sein konnte, weil sie sich mit ihrer Familie gerade in Bulgarien befand.
Im Anschluss daran hieß es Bühne frei für die Jugend. Der Rap-Workshop „Who I Am“ von Diplomsozialpädagoge Tobias Schirneck hatte zusammen mit einigen Kindern und Jugendlichen während der letzten drei Stunden einen Rap-Song einstudiert. Rap ist ja bei der älteren Generation häufig sehr umstritten, und wird deshalb, teilweise auch durchaus berechtigt, sehr stark kritisiert, weil sehr viele Rapper ihr Zuhörer Großteils mit inhaltsleerem und gewaltgetränktem Gedankengut, sowie einem extrem primitiven Wortjargon füttern. Tobias Schirneck und sein ebenbürtiges Pendent J-Da Play zeigten jedoch dem Publikum, dass Rap auch anders kann, nämlich anständig und sozial völlig okay.
Gekonnt, und ausschließlich mit positiven Botschaften bestückt, präsentierten die beiden Rap-Lehrer zuerst einmal eine Eigenkomposition, bevor sie dann die Kids auf die Bühne holten, um den Song vorzustellen, den sie in der Kürze der Zeit einstudiert hatten.
Einen Sprachgesang zu performen ist gar nicht so einfach wie es sich anhört, und benötigt sehr viel Übung und Training. Deshalb empfehlen wir an dieser Stelle allen Kindern, die das einmal ausprobieren wollen: „Schaut doch einfach mal vorbei bei dem Who-I-Am-Rap-Workshop in der Fahrlachstraße 16.“ Lernen könnt ihr von diesen beiden Profis auf jeden Fall sehr viel.
Das Begegnungsfest neigte sich nun ganz langsam, zumindest künstlerisch, dem Ende zu. Als letzten Programmpunkt bekamen wir ein ganz geniales Brasilianisches Samba-Duo zu sehen. Schlagzeugerin Chris Gavazzoni, die 1999 nach Deutschland kam und vor ein paar Jahren an der Mannheimer Musikhochschule den Master in den Bereichen Jazz und Popularmusik absolvierte, sowie ihr Landsmann Fausto Israel, seines Zeichens Sänger, Tänzer, Performer und Fotograf, legten sich hier auf der kleinen Bühne mächtig ins Zeug, und schafften es doch tatsächlich einen Großteil des Publikums zum Mitmachen zu animieren.
Zum Abschluss des Festes führte die Moderatorin Frau Dell noch ein Interview mit der Mazedonierin Bahal Veradov. In diesem etwas längeren Gespräch machte die in ihrem Land zu der türkischen Minderheit gehörende Roma-Frau, die Besucher noch einmal explizit auf die großen Probleme, aber besonders auf die enormen Diskriminierungen aufmerksam, denen sie und ihre Familie dort tagtäglich ausgesetzt waren, und teilte uns in diesem Zusammenhang auch mit, dass ihre Kinder dort nicht die Schule besuchen durften. Für 200 Euro hätte sie vor ein paar Jahren ihr Haus, sowie ihr ganzes Hab und Gut verkauft, und sei nach Deutschland geflohen, um ihren Kindern ein besseres Leben bieten zu können.
Nach diesen traurigen Nachrichten wendete sich Frau Dell noch einmal in einem ganz deutlichen Appel an die anwesenden Vertreter aller politischen Parteien – unter ihnen auch der Bundestagsabgeordnete Stefan Rebmann von der SPD – doch bitte noch einmal darüber nachzudenken, ob sie am kommenden Freitag dem aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung im Bundesrat tatsächlich zuzustimmen, und damit Staaten wie Mazedonien, Bosnien-Herzegowina oder auch Serbien als sichere Länder ausweisen.
Epilog: „Hoffnung: Sie ist in Wahrheit das Übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert!“ (Friedrich Nietzsche)
Am 19. September 2014 erklärte der Bundesrat die Länder Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Serbien zu sicheren Staaten!
Anmerkung:
In der letzten Woche haben wir an der Universität Mannheim eine Vorlesung zu dem Thema „Kann Demokratie Zukunft?“, besucht, und auch eine Antwort auf die Frage gefunden, ob sich denn die Politiker unter der Berücksichtigung des Lobbyismuses, sowie des Prestiges, aber vor allem des kapitalistischen Vorbildes des Homo-Ökonomikusses, tatsächlich für die nachfolgenden Generationen und die wirklichen Probleme der Menschen interessieren.
Der Besuch des Flüchtlingsfestes, in Verbindung mit der Entscheidung des Bundesrates, bestätigte erneut unsere Meinung zu der wir in der Vorlesung gekommen sind.
Auch wenn es jetzt nachträglich nicht mehr möglich ist, Einfluss auf die gefallene Entscheidung zu nehmen, möchten wir unseren Lesern hier die Gelegenheit bieten über einen youtube-Link den Mazedonischen Film „Iluzija“ (Mirage) zu Deutsch „Illusion“ von Svetozar Ristovski anzuschauen, um sich dann selbst eine Meinung zu bilden, ob Mazedonien tatsächlich ein sicheres Land ist. Gleich vorweg. Dieser Film ist nicht für Menschen (Politiker) geeignet, die sehr große Schwierigkeiten im Umgang mit der Realität oder den tatsächlichen Missständen einer Gesellschaft haben; diese nicht wirklich sehen wollen, oder die Wahrheit leugnen, indem sie die Tatsachen ganz geschickt unter den Teppich kehren. Wahrscheinlich ist das auch wieder einmal einer der Hauptgründe dafür, dass es für diesen hervorragenden Film leider KEINE deutsche Synchronisation gibt, und er nur auf Mazedonisch mit englischen Untertiteln erhältlich ist. „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!“ (Zitat: Christian Morgenstern)
Bilder: Alexander Höfer
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Bei uns steht das Wohl der Kinder an erster Stelle, und nicht das Prestige eines Vorstandes oder von Lobbyisten!
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