Stephan Schmitzer und Stefan Werdelis beglückten die Bierkulturinteressierten mit schöngeistigen Anekdoten und humorvollen Zitaten über das einstige flüssige Brot!
Das Bier hatte es ja in der Geschichte in der Konkurrenz zum Weine schon immer etwas schwerer Anerkennung in des hohen Herren Häuser zu finden. Der Wein, oder der Saft Gottes, wie er oft von der Obrigkeit genannt wurde, stand bei den Menschen, und besonders bei den Aristokraten, immer höher in der Gunst, als das sogenannte flüssige Brot, das ja seinen Ursprung gar nicht in Europa, sondern in Mesopotamien hatte. Historisch geht die Entstehung des Bieres zurück bis auf das Jahr 3.000 vor Christus. Laut Überlieferungen gab es damals schon über 20 verschiedene Biersorten.
20 verschiedene Biersorten gab es am heutigen Abend nicht in der Arbeiterkneipe des Mannheimer TECHNOSEUMS zu trinken, stattdessen boten uns die beiden Anthologen, der Buchhändler Stephan Schmitzer und der evangelische Pfarrer Stefan Werdelis weit mehr als zwanzig erheiternde Anekdoten und lyrische Gedichte über den beliebten Gerstensaft, teils in mittelalterlichem altdeutschen Gewand, teils auch auf freche Mundart, nämlich „uff Pälzisch“.
Ganz tief haben die beiden Unterhalter in der Literaturgeschichte gestöbert, um die Besucher mit passenden Geschichten zu erheitern, und dafür Zitate, bzw. Werke aus fast 2.000 Jahren Literaturhistorie hervorgekramt. So gab es von Aristoteles bis hin in die Neuzeit viele erquickende Geschichten und Verse zu belauschen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht gerade viel Literatur hinsichtlich des Bieres gibt.
Natürlich gibt es viele „Trinklieder“ und auch unzählige „Trinksprüche“, bzw. Gelegenheiten sein Glas zu erheben, aber in der Literatur selbst herrscht fast völlige Abstinenz. Dennoch haben die beiden Anthologen ein abendfüllendes Material zusammengetragen, um die voll besetzte Arbeiterkneipe des TECHNOSUEMS bestens zu unterhalten.
Ganz nach dem Motto: „Die Menge, die ich essen kann, kann ich auch trinken!“, schenkten die beiden, sehr humorvoll mit der Deutschen Sprache jonglierenden Rhetoriker, dem Publikum ganz kräftig ein, und nicht nur den Schaum. Dabei erfuhren wir allerlei Bekanntes aber auch völlig Neues über die unterschiedlichen Trinkgewohnheiten verschiedener Länder und Bevölkerungsgruppen. Interessanter Weise waren, oder besser gesagt sind diese Gewohnheiten gar nicht so unterschiedlich.
Die an der Grenze zu Österreich lebenden Bayern zum Beispiel, pilgerten seiner Zeit einfach mal so schnurstracks über die Grenze nach Österreich, weil das Bier dort deutlich billiger war, als bei ihnen zu Hause. Da konnte man natürlich durchaus das eine oder andere Maß mehr trinken. Gleiches galt im Übrigen für die Österreicher, die sich regelmäßig immer dann mit einem Gegenbesuch revanchierten, wenn das Bier in Bayern günstiger war, als bei ihnen.
In diesem Zusammenhang fiel unserem ersten Vorsitzenden auch ein lustiger Trinkwitz vum Peter unn vum Fritzl ein:
„Du Peter?“
„Ja, Fritzl!“
„Isch fahr heid nach Münsche, weil dort koschd’s Maß 20 Sent wenischer als bei unns!“
„Awwa nach Münsche fahre koschd doch‘n Haufe Schbritt Fritzl!“
„Ja, schunn, awwa isch trink sou long bis isch Profitt mach!“
Ja das Maß Bier, ist seit dem das Reinheitsgebot am 23. April 1516 in Kraft trat vielerorts das Maß der Dinge. Besonders in den Klöstern. Hier bekamen die Mönche in der Fastenzeit, in der man ja nichts essen, aber durchaus etwas trinken durfte, jeden Tag bis zu fünf Maß Bier (!) zum Leben – (zum Überleben!) zugestanden. Vielleicht war das ja auch einer der Hauptgründe dafür, warum damals so viele Menschen freiwillig ins Kloster gingen, wobei die horrende Menge Bier, die die Mönche damals regelmäßig täglich zu sich nahmen, aus heutiger Sicht, durchaus auch darauf hin schließen lässt, dass die damaligen „Ordensbrüder“ wahrscheinlich allesamt starke Alkoholiker gewesen sein mussten.
Aber gerade aufgrund der großen Alkoholmenge, lebten Äbte und Ordensvorsteher besonders gefährlich, erwartete sie doch bei Volltrunkenheit drakonische Strafen, bis hin zu 40 Tagen Abstinenz und dem Verzehr von Wasser und Brot.
Mit einer Geschichte des Schriftstellers Heinrich Heine möchten wir unseren Artikel beenden, und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass nur der wahre Genießer, und nicht der Trinker, den kulturellen Wert des Bieres zu schätzen weiß.
Heinrich Heine über München
Der Ort heißt Bogenhausen, oder Neuburghausen, oder Villa Hompesch, oder Montgelasgarten, oder das Schlössel sei, ja, man braucht ihn nicht einmal zu nennen, wenn man von München dorthin fahren will, der Kutscher versteht uns schon an einem gewissen durstigen Augenblinzeln, an einem gewissen vorseligen Kopfnicken und ähnlichen Bezeichnungsgrimassen … Das Bier ist an besagtem Orte wirklich sehr gut, selbst im Prytaneum, vulgo Bockkeller, ist es nicht besser, es schmeckt ganz vortrefflich, besonders auf jener Treppenterrasse, wo man die Tiroler Alpen vor Augen hat. Ich saß dort oft vorigen Winter und betrachtete die schneebedeckten Berge, die, glänzend in der Sonnenbeleuchtung, aus eitel Silber gegossen zu sein schienen. Es war damals auch Winter in meiner Seele, Gedanken und Gefühle waren wie eingeschneit, es war mir so verdorrt und tot zu Mute, dazu kam die leidige Politik, die Trauer um ein liebes gestorbenes Kind und ein alter Nachärger und der Schnupfen. Außerdem trank ich viel Bier, weil man mich versicherte, das gäbe leichtes Blut. – (Heinrich Heine, Reise von München nach Genua, 1829)
Bilder: Alexander Höfer
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Wir trinken das Bier schöngeistig!
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