„Die elfte Tochter ist endlich unter der Haube!“ Bibliothek Herzogenried feierte eine besondere Hochzeit mit der „First Ukulele Band Filsbach“ und zwei tollen Vorlesern!
Mit orangenen Rosen warm dekoriert präsentierte sich der Veranstaltungssaal der Außenstelle der Stadtbibliothek Herzogenried zu ihrer ganz besonderen Veranstaltung, nämlich zum Gründungsfest des Fördervereins.
Um diese Feierlichkeit musikalisch zu umrahmen eröffnete die „First Ukulele Band Filsbach“ das Programm. Heute mit insgesamt sieben Musikern anwesend, erfüllte die Gruppe mit dem kräftigen und warmen mehrstimmigen Sound ihrer kleinen Gitarren den Saal mit eingängigen Rhythmen, die wie immer direkt ins Blut gingen, und erzeugte dadurch gleichzeitig ein wundersames kulturelles Flair, das die Zuschauer sofort gefangen nahm.
Nach dem Eröffnungstitel „I wanne be like you“ von Robbie Williams bei dem sich der Sänger Juan Geck gleich mal so richtig ins Szene setzen konnte, spielte das Septett gleich darauf den Klassiker „Five foot two“ von Dean Martin hinterher. Großer Applaus wehte den Musikern entgegen, die jetzt anfingen mit „Pumped“ und „Squad Cars“ zwei instrumentale Stücke zum Besten zu geben. Neben dem gerade erwähnten Juan Geck, schwangen hier auch die anderen Ukulele-Spieler Eda & Seda Yüksel, Peter Tröster, Hacer Can und David Fedel ganz kräftig die Saiten und Eren Durusoy begleitete die akustische Stimmgewalt mit seinem Cajon.
Herzlich begrüßt von der sympathischen Leiterin Stefanie Bachstein, die heute Abend allen Grund hatte sich zu freuen, da mit der Gründung es Fördervereins ein ganz wichtiger Grundstein dafür gelegt wurde, in der Zukunft noch mehr Attraktivität in die Bibliothek Herzogenried hineinzubringen, ging es gleich darauf auch schon richtig wortgewandt zu Sache, denn Hans-Jürg Liebert und Barbara Edel vom Vorstand des neuen Fördervereins präsentierten wohlbekannte Zitate aus der Weltliteratur.
„Von seinen Eltern lernt man lieben, lachen, laufen. Doch erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man auch Flügel hat!“ von Helen Hayes, entlockte den Zuschauer genauso ein Schmunzeln, wie Kurt Tucholskys berühmter Ratschlag: „Im Bett soll man nur leichte und unterhaltsame Lektüre zu sich nehmen, sowie spannende und beruhigende, ferner ganz schwere, wissenschaftliche und frivole, sowie mittelschwere und jede sonstige, andere Arten aber nicht.“
Ja, beim Lesen guter Bücher wächst in der Tat, wie einst auch Voltaire sagte, die Seele empor, und so regten die beiden Fördervereinsvorsitzenden mit ihren unterhaltsamen Zitaten das Interesse und die Neugierde der Besucher immer stärker an.
Dr. Bernd Schmid-Ruhe, der Leiter, der Stadtbibliothek zeigte sich im Anschluss daran unglaublich glücklich darüber, dass seine elfte Tochter „Herzogenried“ mit der Gründung des Fördervereins nun endlich auch unter die Haube gekommen sei, war es doch in den letzten Jahren für Stefanie Bachmann und ihr Team aufgrund der finanziellen Situation nicht immer einfach gewesen den Menschen hier im Stadtteil und besonders den Kindern Vorlesungen oder Puppentheateraufführungen anzubieten.
Der Worte waren nun genug gewechselt. Nun war es an der Zeit für so einen ersten besonderen Programmpunkt. Jannis Weisbrodt, der letztes Jahr als Drittklässler in seiner Altersstufe zum besten Vorleser Mannheims gekürt wurde, trat nach vorne, und nahm den Platz des Vorlesers ein.
Jetzt stellte uns Stefanie Bachstein den Gewinner zunächst einmal vor. Jannis, ein begeisterter Fantasieleser und augenscheinlich auch großer Harry-Potter-Fan, musste sich bei seinem letztjährigen Lesewettbewerb mit dem Gnomold aus dem Buch „Graf Kondor macht blau“ von Andrea Schütze, sowie sehr schwierigen Worten „herumschlagen“. Heute für seine Vorlesung hatte sich der Grundschüler eine unglaublich spannende Stelle aus dem Buch Harry Potter und der Feuerkelch herausgesucht.
Mit großer Vorfreude waren nun alle Besucheraugen auf den neunjährigen gerichtet, der nun anfing diese Stelle vorzulesen, und gleich darauf stellvertretend für sein Alter eine Vorbildfunktion einnahm, denn so schön lesen, wie dieser Viertklässler können nicht wirklich viele Kinder. Gekonnt schaffte es der Junge den Zuschauern den großen Zauberer nicht nur direkt vor Augen zu führen, sondern sie auch in unmittelbar die Geschichte und das Geschehen hineinzuziehen.
Wer Harry Potter kennt, der weiß, welche Action sich hier in dieser Buchreihe regelmäßig abspielt, und Jannis, war sogar in der Lage die Spannung bestimmter Stellen noch zu erhöhen, indem er hastiger las, oder seine Stimme bedrohlich verstellte. Chapeau.
Nach diesem großen Lesetheater begrüßte auch die Mannheimer Prominenz die Gründung des neuen Fördervereins. Quartiermanager Michael Lapp und Stadtrat Thomas Trüper hielten beide eine kurze Rede, und beglückwünschten ihrerseits die Situation, dass die Stadtbibliothek durch erweiterte Angebote nun noch mehr Menschen erreichen kann, als bisher, was heute in Anbetracht des Überangebotes der Medien noch viel wichtiger sei, denn je.
Im Anschluss daran ging es musikalisch in die zweite Runde, und die Ukulele-Band eröffnete diese mit dem Smash-Hit „Take me to Church“ von Hozier, bei dem nicht nur die komplette Band eine exzellente Alternativ-Version dieses großartigen Songs präsentierte, sondern auch Sänger Juan wieder ganz starke Emotionen verbreitete. Ready or Not, sowie die Eigenkomposition „Filsbach Latin“ erklangen zum Finale des zweiten Sets, und verbreiteten erneut dieses urige und typische Feeling.
Aufgrund der aktuellen Situation, wollte Hans-Jürg Liebert, trotz der schönen Feierstimmung, auch ein paar nachdenkliche Worte an das Publikum richten.
„Ganz selbstverständlich greifen wir täglich zum Buch, zur Zeitung, zur Zeitschrift und lesen all das, was uns interessiert. Die Zeiten, in denen in unserem Land Bücher verbrannt wurden, sind lange vorbei. Und dennoch gibt es immer noch genügend Staaten, in denen z.B. die Frauen von der Bildung und vom Lesen ausgeschlossen werden und in denen viele Arme überhaupt keinen Zugang zu Bildung haben. Immer wieder gibt es Pressezensur und Zeitungsverbote, wenn es den Herrschenden passt.“, so Liebert. …
„Die Diktatoren aller Epochen wussten und wissen, dass eine analphabetische Masse am leichtesten zu lenken ist. Da die Fähigkeit des Lesens, einmal erlernt, nicht rückgängig gemacht werden kann, bleibt ihnen oft als Lösung die Eindämmung des Lesestoffs. Bücher werden von Diktatoren gefürchtet, wie keine andere menschliche Erfindung. Die absolute Macht duldet nur die offizielle Lesart; statt ganzer Bibliotheken widerstreitender Meinungen soll nur das Wort des Herrschers gelten. …
Die Sklavenhalter fürchteten (wie alle Potentaten, Diktatoren, Tyrannen, absolute Monarchen) in hohem Maße die Macht des geschriebenen Wortes. Sie wussten, weit besser als manche Leser: Lesen ist eine Kraft, wer nur ein paar Worte lesen lernt, der kann bald alle Worte lesen und, schlimmer noch, über die Worte nachdenken und schließlich seine Gedanken in die Tat umsetzen.“ (Alberto Manguel, argentinischer Schriftsteller) …
So ist ein Förderverein für eine Bibliothek zwar einerseits eine sehr sinnvolle Sache und ein ganz großer Gewinn, aber andererseits unter der Berücksichtigung dieser gerade genannten Kontexte, verbunden mit den traurigen Entwicklungen, dass in unserer Gesellschaft immer mehr Kinder heranwachsen, die entweder nicht mehr richtig lesen können, oder es auch nicht mehr richtig erlernen wollen, eigentlich ein Armutszeugnis für den demokratischen Staat, denn dieser sollte eigentlich daran interessiert sein, den Menschen so viel Wissen wie möglich kostenlos zugänglich zu machen, um zu verhindern, dass sich später einmal, aufgrund fehlender Bildung, Historie wiederholt.
„Wer nicht richtig lesen und schreiben kann, der kann auch bestimmte Dinge nicht richtig erlernen oder Zusammenhäng nicht richtig verstehen; sprich er kann sich nicht am gesellschaftlichen Leben beteiligen, oder mitsprechen, was auf der Welt, bzw. um ihn herum passiert und bleibt dadurch sein ganzes Leben lang von Dritten abhängig; im schlimmsten Fall auch komplett isoliert.“ (Zitat: Alexander Höfer, 3. Semester Pädagogik zu dem Thema Analphabetismus)
Es folgte nun die zweite Vorlesung des Abends, und auch hier holte Stefanie Bachstein eine ehemalige Gewinnerin des Mannheimer Lesewettbewerbs zu sich nach vorne. Die 12-jährige Katharina Hock, gewann vor ein paar Jahren diesen Wettbewerb und besucht heute die 6. Klasse des Lessing-Gymnasiums.
Sie hatte sich für ihre Darbietung eine Geschichte des berühmten Sams herausgesucht. Gleich darauf bekamen die Zuschauer eine Kostprobe wie eine gute Mutter ihren Kindern eigentlich eine schöne Gute-Nacht-Geschichte vorlesen sollte, bzw., wie man den Kindern das Lesen wirklich richtig schmackhaft macht. Unglaublich gut intonierte die Gymnasiastin die Worte, und unterlegte gleichzeitig ihrer Stimme an bestimmten Stellen sogar Emotionen wie Fröhlichkeit, Streit, Verärgerung und Neid.
Sehr unterhaltsam entführte uns die 12-järhige in die turbulente Geschichte des lustigen Rotschopfes hinein, und erhielt natürlich, genauso wie ihr Pendent Jannis zuvor, ganz großen Applaus und als Dankeschön einen Geschenktüte mit Buchgutschein. Hier könnten durchaus mal die Redakteure von ARD oder ZDF die Ohren spitzen, denn wenn dieses talentierte Mädchen noch professionelle Schulungen in diesem Bereich bekäme, dann könnte da durchaus ein neue Moderatorin oder Synchronsprecherin geboren sein.
Zum Finale des heutigen Abends lasen Hans-Jürg Liebert und Barbara Edel dann noch ein paar heitere Texte von Robert Gernhardt, Eugen Roth und Heinz Erhardt und Leiterin Stefanie Bachstein gab noch kurz einige Mitteilungen der Bibliothek bekannt, bevor die First Ukulele-Band Filsbach die Besucher musikalisch mit den zwei fantastischen Titeln „From me to you / our yours“ und „Missed You“ entließ.
Bilder Alexander Höfer
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