In Ungarn und Polen flammen trotz EU-Zugehörigkeit längst erloschene, nationalistische und autoritäre Regierungsmethoden wieder neu auf!
Europa rückt spürbar nach Rechts! – Die Regierungen Ungarns und seit einiger Zeit auch Polens, entfernen sich mit ihrem politischen Handeln unaufhaltsam weg von den Werten eines gemeinsamen Europas, das uns schon seit mehr als 70 Jahren Frieden und vor allem mehr Freiheit zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten gebracht hat.
„Moving away from European values to the unknown!“ – zu Deutsch: „Die Entfernung von den Werten Europas hin ins Unbekannte!“ – Dieses hochbrisante Thema präsentierte der Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches Recht und Völkerrecht Herr Professor Dr. Armin von Bogdandy im Deutsch-Amerikanischen Institut zusammen mit den beiden Gastrednern, dem Dozenten Herrn Dr. Pál Sonnenved von der Budapester Eötvös-Loránd-Universität für Recht und dem Assistenzprofessor am Lehrstuhl für Europarecht der Juristischen Fakultät der Universität von Warschau Herrn Dr. Maciej Taborowski
Nur noch sehr ungern erinnert sich unser erster Vorsitzender Alexander Höfer an die Zeit des Sozialismus, in der an der ungarischen Grenze bewaffnetes Militär stand, und bei der Einreise und Passkontrolle die Läufe mehrerer Maschinenpistolen ganz langsam an den Autofenstern und seinen Augen vorbeihuschten. Ein Visum für die Einreise nach Ungarn dauerte in den Achtzigern mehrere Monate, und erlaubte lediglich den Aufenthalt für die darin eingetragene Zeit. Selbst der Grenzübergang für die Ein- und Ausreise war vorgeschrieben. Unvergessen blieb auch die Situation, dass bei seinem ersten Urlaub unweit hinter der Grenze urplötzlich ein Polizist aus einem Maisfeld herausgerannt kam, und noch einmal eine Passkontrolle durchführte und den Inhalt des Kofferraums sehen wollte. „Angst und Ungewissheit, sowie die große Vorsicht, was man sagt, und vor allem, wem man etwas sagt“, prägten die Zeit des kalten Krieges jenseits des Eisernen Vorhangs.
Nach dem Fall der Mauer 1989, und dem damit verbundenen Zerfall des sozialistischen Regimes, verschwand ad hoc auch diese bedrohliche Kontrolle an der Grenze und die Ungarn erlebten in den Neunzigern – historisch gesehen – die Zeit ihrer bisher größten Freiheit. Die damaligen Verantwortlichen schafften fast alles ab, was im Sozialismus schlecht war, sodass unser Vorsitzender in der Zeit seines Studiums in einem Land seine sozialpädagogischen Praktika absolvieren konnte, in dem es wesentlich weniger Bürokratie gab und auch im pädagogischen Bereich Programme und Projekte um ein Vielfaches einfacher und unkomplizierter umzusetzen waren, als heute in Deutschland.
Seit der zweiten Machtübernahme durch Viktor Orbán 2010, der seit Jahren mit einer Zweidrittelmehrheit das Land regieren und beherrschen kann, hat sich sehr vieles wieder zum Alten, um nicht zu sagen zum Schlechten gewandelt. Die Zeit in der die Sozialistische Partei (MSZP) unter Ferenc Gyurcsány gut fünf Jahre lang eine skandalöse und extrem unsoziale Politik für die Bürger machte, hinterließ deutliche Spuren, und öffnete die Tür für Orbán, der die Ungarn in den letzten Jahren noch viel tiefer in das soziale Abseits und die Vergessenheit driften ließen, als sein Vorgänger.
Mit einer Zweidrittelmehrheit und einer so schwachen, um nicht zu sagen so gut wie handlungsunfähigen Opposition, kann eine Regierung fast alles umsetzen, was ihr beliebt, selbst sogar, wenn sie es wollte, morgen die Todesstrafe wieder einführen oder Gefängnisse für Kinder bauen.
Vieles, was in Ungarn tatsächlich passiert, bekommen wir aufgrund der medialen Überwachung des Staates überhaupt nicht mit. Auch über die sozialen Netzwerke wie Facebook, sickern nur sehr wenige Informationen durch. Die Leute haben einfach Angst vor den Konsequenzen, denn die Regierung überwacht alles, und zieht Kritiker und vor allem regimekritische Journalisten sofort aus dem Verkehr.
Dr. Pál Sonnenved machte in seinem Vortrag deutlich, wie die Regierung Orbáns eine solche große Macht überhaupt erlangen konnte, und wie die Regierung derzeit in Ungarn agiert, und quasi alle schlechten Vorbilder aus den anderen EU-Ländern zu einem zermürbenden Regierungssystem zusammenbündelte, das wieder Angst vor der freien Meinungsäußerung schüre, und das den Menschen wieder die Gewissheit vor einem schönen Morgen und der sozialen Absicherung raube.
In Polen sei die Lage noch nicht ganz so dramatisch und schlimm wie in Ungarn, so Dr. Maciej Taborowski. Dennoch zeige die Regierung mit ihrem derzeitigen Handeln eine deutliche Abschottung zu den Werte der EU. Polen ist auf dem Weg zur autoritären Macht von Jarosław Kaczyński. Die Opposition sei sehr schwach. Die Regierung, die eine strategische Allianz mit der katholischen Kirche geschlossen hat, wirke auf die Wähler durch professionelle Propagandamethoden (Übernahme der staatlichen Medien) und ein ausgebautes Sozialprogramm (das sog. 500+ Programm für Familien mit Kindern, Erhöhung des Mindestlohns und des Arbeitslosengeldes usw.). Politische Gegner werden mit einer erniedrigenden Sprache bekämpft und als „schlechtere Sorte“ von Menschen bezeichnet. Es würden neue Symbole in der öffentlichen Sphäre gebaut, Nationalismus wird nicht verpöhnt. Zusätzlich gebe es ein Wideraufatmen von rechten Gruppen, die den Nationalstolz auf eine ganz unschöne Art und Weise nach Außen zelebrierten. Ohne Änderung der Verfassung wurden durch einfache Gesetze das polnische Verfassungsgericht von der gegenwärtigen Parlamentsmehrheit übernommen. Nach 2 Jahren Regierungszeit gehören ihr bereits 9 von 15 Richtern an. Es werden Gesetze vorbereitet, die die Kontrolle der ordentlichen Gerichte ermöglichen sollen.
Sehr sachlich, aber dennoch vorsichtig argumentierend, informierten die beiden Gastredner auf Englisch die Interessierten, und stellten sich im Anschluss an ihre Ausführungen auch den Fragen.
So erfuhren wir, dass London, nach Budapest, eigentlich die zweitgrößte Ungarische Stadt sei, weil dorthin mittlerweile gut 500.000 Ungarn immigrierten.
„Die Immigration, eine deutliches Zeichen auf eine mehr oder weniger hoffnungslose Zukunft, die vom Staat komplett kontrolliert und gesteuert wird?“
Wie dem auch sei. Wir erfuhren sehr viele unbekannte und hochbrisante Details über die aktuellen Zustände in diesen beiden Ländern und das Agieren der jeweiligen Regierungen, die wir hier auch aus Rücksicht auf die beiden Gastredner nicht alle erwähnen möchten.
So bleibt zum Schluss die berechtigte Frage, ob es nicht die Aufgabe der Europäischen Union, und insbesondere auch die der Bundesrepublik Deutschland wäre, diesen demokratiefeindlichen Regierungsformen verantwortungsbewusst entgegenzutreten, bzw. entgegenzuwirken, denn wir Deutschen haben zumindest den Ungarn und Polen sehr Vieles zu verdanken, denn ohne die die polnische „Solidarność“ (Solidarität) und den Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa sowie das beherzte Handeln der politischen Verantwortlichen Ungarns den damaligen Ministerpräsidenten Miklos Német und den Außenminister Gyula Horn hätte es NIELAMS eine deutsche Wiedervereinigung gegeben, vor allem keine friedliche.
Aber wen interessiert hierzulande schon Ungarn oder Polen, und vor allem, wen interessiert noch die Geschichte der Wiedervereinigung, oder den damit verbundenen Sieg über den Kommunismus, zwei historische Momente, die wir jährlich, unzählige Male, immer wieder aufs Neue in den Medien vor Augen geführt bekommen? …
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