Ein würdevoller Gottesdienst mit den nachdenklichen Botschaften von „Brothers In Arms“ und „Hurt“ begleiteten Gerhard Höfer zu seiner letzten Ruhestätte!
„Und als ich so schrecklich verletzt wurde, in all der Furcht und der Besorgnis, da habt ihr mich nicht alleine gelassen. Ihr meine Waffenbrüder!“ (Dire Straits)
Bis zum Schluss habe ich mir gewünscht und insgeheim auch gehofft, dass irgendein ehemaliger „Freund“ meines Vaters, oder ein Vereinsvorsitzender, die Größe gehabt hätte, ein paar schöne Worte und vielleicht auch etwas Widergutmachendes zu seinem Abschied zu sagen. Leider holte die traurige Realität diese Hoffnung ein, und so fanden bei der Trauerfeier nur die Worte unserer ungarischen Freunde Gehör; Worte, die ich hier sehr gerne noch einmal wiederholen möchte.
Liebe Trauergemeinde, lieber Alex, liebe Else,
leider können wir – die ungarischen Freunde Gerhards – heute nicht bei der Trauerfeier anwesend sein. Unsere finanzielle Situation macht uns dies leider nicht möglich. Wir würden uns aber dennoch sehr darüber freuen, wenn ihr diese, unsere Dankesworte an Gerhard vortragen würdet.
Seit Mitte der Neunziger ermöglichten Alexander und sein Vater Gerhard den Kindern des Budapester Animus Klubs sehr viele Besuche eures Landes und eurer Heimat. Bei allen Besuchen hat uns Gerhard ein trautes Heim beschert, täglich für uns Frühstück, Mittagessen und Abendessen zubereitet und uns einen unvergesslichen Aufenthalt bei euch geschenkt.
In den letzten 20 Jahren ermöglichten Gerhard und Alexander auch einigen von uns längere Aufenthalte. Vielleicht erinnert ihr euch noch an Laszló, der Ende der Neunziger die Möglichkeit bekam ein ganzes Jahr bei Gerhard zu wohnen und in Nußloch zur Schule zu gehen. Vielleicht erinnert ihr euch auch noch wenig später an Róbert, der die wunderschönen Bilder malte, und der dem Nußlocher SPD-Ortsverein ein Portrait des Waldsportplatzes und der Festhalle für das Sommerfestplakat zeichnete. Vielleicht erinnert ihr euch auch noch an Dávid mit der Rikscha. Wir alle durften bei Gerhard jederzeit kostenlos wohnen und mussten auch nichts für Essen und Trinken bezahlen.
Bei all unseren Besuchen haben wir Gerhard immer als einen Menschen erlebt, der stets für seine Freund da war, und der immer geholfen hat, wenn Not am Mann war. Ihm ging Freundschaft und Verlässlichkeit über alles, selbst auch dann, als er bereits schwer krank war. Einmal ist Dávid früh morgens gegen halb drei Uhr aufgewacht, weil er dachte, dass Einbrecher im Haus wären, und ist nach unten in Gerhards Wohnung gegangen, um nachzuschauen. Aber da waren keine Einbrecher. Es war Gerhard, der morgens um halb drei in der Küche stand und für das SPD-Sommerfest einen Kuchen backte. So viel bedeutete Gerhard eure Freundschaft!
Wir – eure ungarischen Freunde – sind zu tiefst traurig darüber und fühlen mit dir und diesem großen Schmerz.
Ich weiß, euch allen fiel eine Abschiedsrede aufgrund des Berichtes „Vergessen, und im Stich gelassen!“, sehr schwer und alle diejenigen, die jetzt zukünftig verärgert mit dem Richtfinger auf mich zeigen werden, weil ich, der „böse“ Alexander Höfer mir die Unverschämtheit erlaubt habe, sie mit einer der gesellschaftlich traurigsten Wahrheiten unseres Zusammenlebens zu konfrontieren; einer Wahrheit, die keiner hören noch wahrhaben will, die möchte ich nun einfach mal bitten, sich in meine Lage hineinzuversetzen, und sich vorzustellen, wie sie sich denn gefühlt hätten, wenn auf der Trauerfeier ein Freund oder ein Verantwortlicher vors Mikrofon getreten wäre, und die großen Verdienste meines Vaters erwähnt, das große Engagement gewürdigt und mir in diesem Zusammenhang auch mitgeteilt hätte, was für ein toller und treuer Freund und Kamerad er doch war.
Glaubt ihr, dass ich diese, wenn auch politisch absolut korrekten Worte, annehmen hätte können? – Hätten diese Worte meinen Schmerz tatsächlich getröstet, oder hätten sie nicht eher meine zeitweise große Wut und Verbitterung darüber, dass ihr als Freunde meinem Vater nicht nur in der schlimmsten Stunde seiner Not, sondern auch lange Zeit davor, weder einen Funken Anerkennung und Dankbarkeit noch eine Sekunde eurer Zeit geschenkt habt, nicht noch höher steigen lassen, wie Wochen zuvor im September die Aussage von Martin Schulz „Wir brauchen mehr soziale Gerechtigkeit!“ und mehr „Miteinander“.
Meine ungarischen Freunde haben mir in ihrem Beileidsschreiben einen Satz zukommen lassen, über den es sich lohnt nachzudenken.
„Wenn man einen Freund in den schwersten Stunden an seine aus der Freundschaft entspringenden Verpflichtungen erinnern muss, dann ist dies kein Freund!“
Genau diese Aussage charakterisiert das Wesen einer Freundschaft, und so muss ich meinen ungarischen Freunden Recht geben, wenn sie sagen: „Ihr wart niemals Freunde meines Vaters, denn ihr seid bereits an den beiden kleinsten, aber wichtigsten Selbstverständlichkeiten der Werte einer Freundschaft, nämlich einem Freund in der Not beizustehen, und auch zu erkennen, dass er und seine Familie Hilfe brauchen, kläglich gescheitert. Und das nicht nur einmal, sondern jahrelang!“
Wisst ihr, als unsere Animus-Klub-Mitglieder und auch meine ungarischen Freunde, die hier in Deutschland wohnen, die Nachricht erhalten haben, dass mein Vater wieder im Krankenhaus liegt, und das es sehr schlimm aussieht, musste ich keinen von ihnen um Hilfe bitten. Sie wünschten mir auch nicht „Viel Kraft“ oder am Ende, als es zu spät war, nur ihr „aufrichtiges Beileid“. Sie kamen selbstlos, in einer Selbstverständlichkeit der Freundschaft heraus zu mir, und haben mir geholfen die Wohnung meines Vaters zu renovieren, oder mich zu unterstützen, wo sie nur konnten. Sie erkannten von sich aus, dass ich mich in einer extremen Notsituation befand, zumal sie ja auch wussten, dass ich zu Hause noch eine 96-jährige Oma zu versorgen habe, sich meine Mutter, nach wie vor – verantwortungslos – irgendwo, im Nirgendwo befindet, ein Wohnzimmer komplett renoviert werden musste, Teile der Küche und des Badezimmers saniert, und auch noch die Betreuung meines Vaters in den Krankenhäusern gewährleistet.
Das, und nur das, ist wahre Freundschaft, etwas, was es hier zu Lande leider, auch aufgrund unseres gesellschaftlichen Systems – indem Geld und Erfolg oder Wertgegenstände wichtiger und um ein Vielfaches bedeutsamer sind als die Menschen und das Zusammenleben, nicht häufig gibt.
„Ihr Deutschen, Ihr Nußlocher, habt eine merkwürdige Form von Freundschaft, vor allem fehlt eurer Freundschaft das Herzstück, das Selbstverständnis, dass eine Freundschaft auch gegenseitige Dankbarkeit und Wertschätzung beinhaltet. Und Dankbarkeit und Wertschätzung können nur von Herzen kommen, indem man verdienten Menschen – Freunden – immer wieder, und insbesondere in der schwierigsten Zeit ihres Lebens aufrichtig zeigt, wie sehr man sie schätzt.“
Ich bedanke mich ganz besonders bei Pfarrerin Gerda Motzkus, die in ihrer Predigt noch einmal eindrucksvoll auf die wichtigsten Höhen und die unendlichen Tiefen meines Vaters aufmerksam gemacht hat, dem Bestattungsunternehmen Trotter, das eine würdevolle Trauerfeier für meinen Vater bildschön vorbereitetete, meiner Cousine Andrea Höfer die ebenfalls wunderschöne Buketts für den Animus Klub und László Zombori erstellte, und last but not least bei allen Menschen, die meinen Vater auf seinem letzten Weg begleitet und Anteil genommen haben. Der Gottesdienst zum Andenken an Gerhard Höfer findet am Sonntag den 21. Januar um 10.00 Uhr in der Evangelischen Kirche Nußloch statt. (Alexander Höfer)
HURT – Johnny Cash
Weitere Berichte unseres traurigen Zusammenlebens:
Gerhard Höfer (R.I.P.) | Sprachlos | Vergessen | Kulturelles Problem (7) |
Nußlocher Spielplätze | Digitale Demenz | Das falsche Leben | Danke, Herr Rühl |
ANIMUS KLUB
„Ein wahrer Freund fragt niemals, ob du Hilfe brauchst. Er hilft!“
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