„Ich sehe was, was du nicht siehst!“ – Malewitsch, Kandinsky und Roggan, sowie ein toller Fotogramm-Workshop begeisterten Kinder und Familien!
Beim Familientag „Ich sehe was, was du nicht siehst“ des Ludwigshafener Wilhelm Hackmuseums hieß es zunächst einmal Abschied nehmen; Abschied nehmen, von zwei Gemälden, die zu den ersten Werken zählten, die der Urvater Wilhelm Hack für das Museum erworben hatte.
In einer hochinteressanten Führung brachte uns hier die Sammlungskuratorin Frau Dr. Nina Schallenberg nicht nur das Leben der beiden russischen Maler näher, sondern auch die Malstile dieser beiden völlig unterschiedlichen Künstler. Den Anfang machte das Gemälde „Bild mit weißen Linien“ von Wassily Kandinsky. Der 1866 in Moskau geborene Kandinsky, der als Künstler zum Expressionismus gezählt wird, gilt häufig auch als Schöpfer des ersten abstrakten Bildes überhaupt.
Ab 1896 widmete er sein Leben ganz der Malerei und zog nach München, wo er ab 1900 an der Kunstakademie Franz von Stuck studierte. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verließ er zusammen mit seiner Frau das Deutsche Reich und ging nach Neuilly sur Seine bei Paris, wo er bis zu seinem Tode im Dezember 1944 täglich malte.
Kandinsky ist vor allem bekannt durch seine außergewöhnliche Fähigkeit – Formen und Farben synästhetisch zu verschmelzen und ihnen dadurch Sinneseindrücke zuzuordnen, die bei dem Betrachter verschiedene Assoziationen wecken.
Während Frau Dr. Schallenberg nun ganz tief in das Leben Kandinskys, sowie den Expressionismus eindrang, durften sich unsere Kinder zusammen mit Brigitte, einer Museumsmitarbeiterin, auf eine spannende Spurensuche begeben, und ganz bestimmte Werke im Museum ausfindig machen.
Im 20. Jahrhundert vollzog sich in der Malerei eine ganz große Revolution. So wurden die Bilder nicht nur in Westeuropa zunehmend abstrakter, sondern auch in Russland entstand eine autonome neue Kunstwelt. Kasimir Malewitsch gilt hier als wichtigster Impulsgeber innerhalb der Russischen Avantgarde. Seinen geometrisch-abstrakten Stil sah er selbst als Suprematismus, also als die höchste Form der abstrakten Kunst an.
Sein Gemälde „Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat“, das er ca. 1915, also vor genau hundert Jahren in Öl auf Leinwand malte, wirkte auf uns im ersten Moment sehr schlicht. Doch beim genaueren Betrachten konnten wir erkennen, dass das Bild aufgrund seiner weißen Textur räumliche Formen annahm. Sich Zeit nehmen und ein Bild oder ein Gemälde genauer betrachten, tief verinnerlichen, und nicht nur einen kurzen schnellen Blick darauf werfen und weitergehen, ist eine Tugend, die leider sehr vielen Menschen in unserer modernen und schnelllebigen Zeit verloren gegangen ist.
Oft hetzten wir, ohne die Umgebung wirklich wahrzunehmen, in unserem Alltag von einem Termin zum nächsten, und werden dabei auch noch ständig überflutet von meist unnötigen oder nicht für das Leben wirklich relevanten Nachrichten und Informationen. Die Zeit abzuschalten, und in sich zu gehen, oder die Muse haben, ein Kunstwerk wirklich intensiv in sich aufzunehmen, sprich, sich inspirieren zu lassen, ist eigentlich ein gesundes Gut, das es zu pflegen und zu erhalten gilt, denn gerade beim längeren Betrachten der Bilder Kasimir Malewitschs oder seinem Pendant El Lissitzkys entfaltet sich das eigentliche Geheimnis der Malerei, nämlich dieses, dass die Werke ganz neue Assoziationen, Fantasien und oder auch nicht selten neue Bilder im Kopf der Vernissage-Besucher entstehen lassen.
Plötzlich konnten wir sehen, dass die Textur im Hintergrund nicht einfach nur weiß war, sondern sehr viele unterschiedliche, aber auch unterschiedlich starke Weiß-Tinkturen enthielt, die das Bild, je nach Betrachtungsweise, immer wieder in ein völlig anderes (neues) Licht rückten.
Nach so vielen Eindrücken war es dann an der Zeit für eine längere Mittagspause. Diese verbrachten wir um die Ecke bei unseren italienischen Freunden in der Cafédrale „La Torre da Angelo“. Das Restaurant mit der besonderen Atmosphäre, wurde gerade vom Schlemmerblock in den Kategorien Essen und Trinken, sowie Service und Ambiente, zum besten Restaurant Ludwigshafens und des Rhein-Pfalz-Kreises gewählt, und wer schon einmal dort war, der weiß auch warum. Das Preis-Leistungsverhältnis ist ebenfalls unglaublich sozial für Familien. Fünf Euro kostet jede Pizza, egal mit welchem Belag, und es gibt auch hauseigene Nudeln, und jeden Tag andere Nudelkreationen. Bei Angelo kann man also auch immer etwas essen, was man sonst nicht bekommt. So ließen wir uns nicht nur die Pizza, sondern auch die Pasta und natürlich die exzellente Penne con Cozze richtig gut schmecken. Wir freuen uns bereits jetzt schon riesig auf das Sommerprogramm, das auch in diesem Jahr wieder mit vielen musikalischen Highlights gespickt ist.
Frisch gestärkt ging es dann mit dem eigentlichen Kinderprogramm des Familientages im Wilhelm-Hack-Museum weiter. Hier erwartete uns Anja Guntrum, um uns die aktuelle Ausstellung „Echo“ von Ricarda Roggan näherzubringen. Ricarda Roggan ist eine der bedeutendsten Fotografinnen der Neuzeit, die mit analoger Technik den Moment einer Sache inklusive des Schattendaseins unglaublich eindrucksvoll in den Fokus ihres Bildes rückt.
Hier führte uns Anja zunächst einmal buchstäblich in den Wald, denn die großen Fotografien der Künstlerin wirkten regelrecht räumlich, sodass wir tatsächlich das Gefühl hatten direkt den Wald zu betreten.
Ganz nach dem bekannten Sprichwort: „Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht“, durften wir jetzt unseren eigenen Wald pflanzen, sprich jedes Kind durfte einen Baum aus Papier erstellen, und danach den entstandenen Wald aus unterschiedlichen Perspektiven fotografieren.
Bei der zweiten Station, konnten wir uns dann ein Fotografie oder ein Kunstwerk des Museums aussuchen und mit Bleistift eine Skizze davon erstellen. Die Erwachsenen mussten nun erraten, welche Fotografie, bzw. welches Kunstwerk wir gemalt hatten. Das war, nebenbei bemerkt, ein Heidenspaß, denn einige von uns hatten etwas gemalt, das es nicht im Museum gab, und direkt aus ihrer Fantasie entsprang.
Neben einigen von Roggans bekanntesten Fotografien, ist im Hackmuseum derzeit auch ihre aktuelle Serie „Aprokryphen“, ausgestellt, die 80 Schwarz-Weiß-Aufnahmen von alltäglichen Gegenständen zeigt, die einst einmal ganz großen und bedeutenden Menschen gehörten.
Das war auch unsere dritte und letzte Station der Führung. Hier wurden wir kurzzeitig von unseren Eltern getrennt, und mussten nun etwas an uns verändern, also entweder Kleidungsstücke tauschen, Pullover oder Schuhe verkehrtherum anziehen, bzw. uns irgendetwas anderes einfallen lassen. Unsere Eltern mussten dann im Anschluss daran erraten, was wir an uns verändert hatten.
Nach dieser lehrreichen Führung war es nun für den Höhepunkt des Tages, nämlich den Fotogramm Workshop im Atelier des Museums. Bestens bekannt aus den Projekten des letzten Jahres, waren wir sehr gespannt darauf, was uns dieses Mal mit einem Fotogramm Workshop erwarten würde. Unterstützt wurde Anja Guntrum hier von Maike Kraichgauer, die für die Entwicklung der Bilder in der Dunkelkammer zuständig war.
Bei einem Fotogramm handelt es sich um eine ganz besondere Form der Fotografie. Zunächst werden unterschiedliche Gegenstände auf eine Glasscheibe gelegt, also ein Oberflächenmuster erstellt. Da wir bald Ostern hatten, entschieden wir uns für Eiern, Gras und viele kleine Geschenke. Nach der Gestaltung wurde die Glasscheibe in der Dunkelkammer kurz belichtet, und danach mit unterschiedlichen Fototinkturen entwickelt.
Während die Bilder in der Dunkelkammer produziert wurden, durften wir Tageslicht-Fotogramme erstellen. Dazu legten wir verschiedene Gegenstände auf ein Blatt Papier und verteilten danach mit Hilfe einer Zahnbürste und einem Sieb einen gewünschten Farbton über unser Bild. Dabei entstand nicht nur eine wunderschön gesprenkelte Schattierung, sondern nach Wegnahme der Objekte auch der unmittelbare Eindruck, dass die dabei entstandenen weißen Formen ganz stark leuchten würden.
Die wunderschön gewordenen Fotogramme ließen uns dann nach einem gut achtstündigen Programm voller Stolz wieder nach Hause fahren.
Zum Schluss möchten wir uns noch ganz besonders bei den Verantwortlichen des Wilhelm-Hack-Museums bedanken, die uns ihre Pressebilder von Kasimir Malewitsch und El Lissitzky für diesen Bericht zur Verfügung stellten.
Bilder: Alexander Höfer
Diese Berichte könnten euch auch interessieren:
Allez, les Bleus! | Le sacre du travail | Ägypten-Ausstellung | ARCHE-Vernissage |
Auschwitz | Badisches Wochenende | Battleground Afghanistan | La Barbe Neige |
ANIMUS KLUB
Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin als Erwachsener einer zu bleiben! – (Pablo Picasso)
„Hat euch unser Bericht gefallen?“ – Wenn ja, dann würden wir uns über euer „Like“ und einen Kommentar auf Facebook sehr freuen. Vielen Dank