Sieben Orte – Sieben prekäre Felder! – ANIMUS KLUB genoss künstlerische Muse und kulinarische Köstlichkeiten an sieben Plätzen der Region!
Seit dem 18. September ist die 6. Fotoausstellung Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg eröffnet. Interessanter Weise beteiligen sich an dieser Aktion nicht sieben, sondern gleich acht Museen, die ihren Besuchern mit der [7P] des schweizer Kurators Urs Stahel ein thematisch verbundenes und museumsübergreifendes Ausstellungskonzept anbieten. Erstmals bei der Tour der Kultur auf diese besondere Vernissage aufmerksam geworden, hatten wir an diesem Wochenende das erste Mal die Zeit und auch die dafür notwendige Ruhe das größte kuratierte Fotofestival Deutschlands zu besuchen.
Doch bevor wir näher über die beeindruckende Ausstellung berichten, wollen wir euch von Anfang an über unsere kleine und eigentlich nicht geplante Reise über sieben Plätze der Region erzählen. Es kommt nicht oft vor, dass wir bei unseren Programmen gezwungen sind zu improvisieren, aber an diesem Wochenende zeigte sich wieder einmal, wie gut es ist, wenn man über mehrere mögliche Alternativen verfügt. Der erste Platz, den wir besuchten, war das Mannheimer Forum, in dem das Animexx-Treffen „Otaku Word 24“ stattfand, und bei dem wir davon ausgingen, dass wir irgendetwas Künstlerisches (Malen, Zeichnen, Gestalten etc.) im Manga-Bereich machen durften. Viele, als Manga-Stars verkleidete junge Erwachsene warteten vor der Eingangstüre des Forums, und machten uns aber gleich darauf aufmerksam, dass es sich bei dieser Veranstaltung nicht um einen Kunst-Workshop handelte, sondern eher um eine Art Halloween-Party. Nicht wirklich passend für diesen Event gekleidet, entschlossen wir uns daraufhin nach Ludwigshafen zu fahren, um den Französischen Gourmet-Markt zu besuchen, was wir ohnehin als zusätzliches Programmangebot im Anschluss geplant hatten.
Auf dem Berliner Platz angekommen, mussten wir dann aber zu unserer großen Überraschung feststellen, dass dieser Markt heute nicht stattfand, und wir leider auf die geplanten Köstlichkeiten – Käse, Muscheln, luftgetrocknete Salamis, Austern etc. – verzichten mussten. Dennoch wollten wir unseren großen Hunger stillen und so gingen wir an unseren dritten Platz, den Mister-Meal-Stand, der sich im Herzen Ludwigshafen befindet.
Bei Mister Meal, der vor knapp einem Jahr eröffnet wurde und von Björn Heinemann betrieben wird, gibt es die mit Abstand besten und frischesten Hamburger der Region. Aufmerksam geworden auf dieses kulinarische Highlight wurden wir bereits im Juli dieses Jahres beim Internationalen Straßentheater. Schon damals faszinierte uns die frische und der gute Geschmack des Fleisches, von dem reichhaltigen Belag mit Käse, Salat, Gurken, Tomaten usw. ganz zu schwiegen.
Bisher hatten wir noch keine Zeit unseren Lesern diese tolle Imbissbude vorzustellen, die wir seither, auch auf Wunsch unserer Kinder und Jugendlichen, immer wieder aufs Neue besuchen. Das Geheimnis dieser Burger liegt in der Tat in der frische des Rindfleisches, das direkt von den Mitarbeitern vor Ort zubereitet und gegrillt wird. Mit sehr viel Liebe zum Detail entstehen dann die unterschiedlichen Kreationen, die wir am Liebsten im Doppel genießen. Zwei frisch gebratene und saftige Fleischscheiben, die sich dann jeweils zwischen den ausgesuchten Belägen befinden. Den Burger gibt es in allen erdenklichen, sehr empfehlenswerten Variationen und Geschmacksrichtungen, angefangen als einfacher Hamburger oder Cheesburger, bis hin zu den verschiedenen Stilarten – Italian (mit Mozarella), Greek (mit Schafskäse), Latin (mit Salsa-Soße), Mexican (mit Japaleños & Chili-Soße) und sogar als House-Burger (mit Spezial-Soße) – und für die ganz hungrigen wie uns eben noch als Doppel- oder Trippel-Burger.
Geleitet von dem hervorragenden Geschmack des Hackfleisches, war der vierte Platz, den wir heute besuchten, folgerichtig auch das Hack-Museum, das ja derzeit eine Station der sehr aufwendig inszenierten [7P]-Ausstellung, des schweizer Kurators Urs Stahel ist.
Ziel der Ausstellung ist es, so der Kurator in einem Video-Interview, dass in der heutigen Zeit, in der ja jeder Fotograf ist, und wir dadurch – besonders im Netz – mit Bildern regelrecht überflutet werden, kontemplative Räume geschaffen werden, um der Fotografie und dem Willen etwas zu zeigen ein konzentrierter Rahmen zu Verfügung gestellt wird, damit der Besucher ein Bild auch wirklich richtig anschauen und den Moment ganzheitlich in sich aufnehmen kann. Hier hat der Kurator sieben alltägliche, kritische – berührende – Situationen (Themen) zusammengestellt, in denen Dinge schräg laufen, und der Betrachter nicht genau weiß, ob sie morgen oder vielleicht auch erst in hundert Jahren eskalieren werden, bzw., ob zwischenzeitlich vielleicht auch eine positive Veränderung eintreten wird.
Die ganze Ausstellung auf über 4.000 m² Fläche zusammenzutragen war eine sehr große Herausforderung für den Schweizer. Am ersten der sieben Plätze im Wilhelm-Hack-Museum befindet sich das aktuelle und sehr brisante Themengebiet „High Tech, Logistik & Migration“. Dementsprechend erwartet den Zuschauer eine sehr sehr nachdenkliche Ausstellung mit teilweise tief berührenden – erschütternden Bildern, die einem entweder das Schicksal notleidender Bevölkerungsgruppen direkt vor Augen führen oder eben Worst-Case-Szenarien, die ein mögliches Unheil, bzw. eine eventuell bevorstehende Katastrophe wiederspiegeln.
Daneben gibt es den anspruchsvollen und unglaublich sehenswerten Film „The Forgotten Space“ – Der vergessene Raum – von Allan Sekula & Noël Burch, sowie die eindrucksvolle, wenn auch ebenfalls ziemlich erschütternde Fotodokumentation „Food“ von Henk Wildschut.
Wir möchten jetzt nicht jeden der einzelnen Künstler vorstellen, da wir hier auf unserer Webseite wie immer nicht spoilen wollen, sondern wir möchten unsere Leser eher dazu anregen, diese beeindruckende Ausstellung zu besuchen. Deshalb gibt es hier in unserem Bericht als Appetithäppchen jeweils nur ein Foto von den Künstlern Jim Goldberg (Proof), Lukas Einsele (The Many Moments of an M85), Ad van Denderen (So Blue, So Blue), Lewis Baltz (Sites of Technology 89/91) und Henrik Spohler (In Between) und ihren Themengebieten zu sehen.
Tags darauf ging es mit der fünften Station, dem Fodys-Restaurant in Leimen weiter. Hier konnte unser erster Vorsitzender Alexander Höfer endlich einmal seinen Gutschein für einen Brunch einlösen, den er im letzten Jahr bei der Benefizveranstaltung der FC Badenia St. Ilgen zu Gunsten der AWO Leimen im Elfmeterschießen gewonnen hatte.
Gut gestärkt ging es dann zwei Stunden später zu unserer sechsten Station, dem Heidelberger Kunstverein, wo derzeit im Rahmen der [7P]-Ausstellung das Themengebiet „Kommunikation & Kontrolle“ ausgestellt ist.
Auch diese Ausstellung ist nichts für schwache Nerven, denn sie konfrontiert den Besucher sowohl mit der alltäglichen Informationssintflut, als auch dem teilweise überhaupt nicht sichtbaren – aber vorhandenen – Überwachungswahnsinn unserer westlichen Welt. Einerseits ist es zwar unglaublich beeindruckend, dass moderne Fotoapparate mittlerweile schon so gut sind, dass sie über eine Entfernung von 2 Kilometern ein durchaus deutliches Bild erstellen können, andererseits ist es aber auch erschreckend, was man mit dieser Macht alles anfangen kann.
Im Erdgeschoss des Heidelberger Kunstvereins hängen Bilder von Trevor Paglen, die in eindrucksvoller Weise Sternenbilder kristallklar zeigen. So ist zum Beispiel der Milstar 3 Sagittarius genauso fantastisch getroffen, wie der X-37/OTV-3 im Sternbild des Zwillings (Gemini). Auch die Vernissage von Marco Poloni im oberen Teil des Museums ist sehr beeindruckend, denn dieser Künstler erzeugt aus langen Streifen bildenden Fotoserien eine unglaubliche, manchmal angenehm warme, manchmal auch sehr kalte und düstere Stimmung.
Den wahren Spiegel unserer Gesellschaft bekommen die Besucher allerdings mit den fünf Filmen „Popular Unrest“ der kanadischen Regisseurin Melanie Gilligan vorgehalten. Hier laufen in einem Labyrinth fünf Filme parallel in einer Schleife ab, und erzeugen allein schon, durch ihre überlappende Geräuschkulisse ganz drastisch unseren eigentlich unerträglichen Lebensalltag, einen Lebensalltag, indem die Menschen, vor lauter Reizüberflutungen und Informationen überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen, weil alles interessant ist, und überall der nächste Adrenalinkick lauert.
Derzeit gibt es in unserer Bedürfnisbefriedigungsgesellschaft schon sehr viele Menschen, die überhaupt nicht mehr ohne diese ständigen aktuellen Informationen leben können. Ganz drastisch wird das in einer Filmszene dargestellt, in der „dynamische“ junge Menschen in einem Fitness-Studio auf einem Laufband joggen, dabei Nachrichten schauen, auf ihrem MP3-Player Musik hören, Herz- und Pulsfrequenzen gemeldet bekommen, die Laufgeschwindigkeit angezeigt wird usw.
So wird der „normale“ Besucher bereits nach fünf Minuten fast wahnsinnig in einer wahren und realistischen Welt, in der es weder Ruhe noch Stillstand gibt, und will nur noch eines, nämlich raus. „Weg von diesem Wahnsinn!“
Genau das taten wir dann auch, in dem wir im Anschluss an unserem siebten Platz – im Nußlocher Feld – mit dem Floh, dem Hund unseres ersten Vorsitzenden Alexander Höfer spazieren gingen, und dabei die Ruhe und die Schönheit der Natur und Umwelt ganz ausgiebig genossen haben.
Bilder: Alexander Höfer
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Wenn Kinder die natürliche Fähigkeit verlieren, Kunst, Kultur, Kreativität, Muße und Schöngeist zu verinnerlichen, dann sind sie auch irgendwann nicht mehr in der Lage ihre persönliche Meinung oder Kritik zu äußern, denn es entstehen in ihrem Innern nur noch Gleichgültigkeit und Leere. Sind diese beiden Zustände erreicht, dann können sie jederzeit und überall von jedem x-beliebigen Menschen kontrolliert, manipuliert, überwacht und gesteuert werden. – „Grund genug für uns als Verein mit unserem Klubprogramm einen Riegel vor diese traurige Entwicklung zu schieben!“
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