Friedrich-Ebert-Gedenkstätte bot in ihrer aktuellen Ausstellung „Feind ist, wer anders denkt!“ schockierende Einblicke in die Bespitzelungspraxis der Staatssicherheit der ehemaligen DDR!
Wir haben in den zurückliegenden Jahren ja schon sehr vieles über die abscheulichen Methoden und Vorgehensweisen der Stasi gesehen oder gehört. Doch es ist etwas völlig anderes, ob man damit nur im Fernsehen konfrontiert wird, oder darüber in der Zeitung liest, oder ob man dieses System mit seinen unmenschlichen Überwachsmethoden einmal direkt vor Augen geführt bekommt. So erwarte uns eine Ausstellung, die uns nicht nur den Schrecken direkt in die Glieder fahren ließ, sondern auch gleichzeitig einen kalten Gänsehausschauer über den Rücken laufen.
Bereits beim Betreten des Ausstellungraumes und dem düsteren Anblick der bedrohlich beleuchteten Projektionswände mit Aufschriften wie „FEINDE IM WESTEN – AUFTRAGGEBER SED – MfS und TERRORISMUS – SPITZEL bzw. FLÄCHENDECKENDE BESPITZELUNG“ – wurde uns ziemlich mulmig zu Mute. Die Verantwortlichen der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte haben hier wirklich eine ganz beachtliche Arbeit geleistet und das ganze Ausmaß des SED-Apparates engagiert zusammengetragen und so authentisch wie möglich ausgestellt.
Sämtliche wissenswerte Details über das MfS – das Ministerium für Staatssicherheit – waren in unterschiedlichen Rubriken anspruchsvoll mit sehr viel Bild- und teilweise sogar Tonmaterial ausgestellt.
Langsam und hochinformativ wird der Besucher nicht nur in den perfiden Staatsapparat der ehemaligen DDR, sondern auch in die Machenschaften und Vorgehensweisen der Stasi eingeführt, und damit gleichzeitig auch in ein weiteres Kapitel „perfekt geplante und durchgeführte Deutsche Grausamkeit!“
Viele Informationen über wichtige Persönlichkeiten, wie der nach dem 17. Juni 1953 wegen „parteifeindlicher fraktioneller Tätigkeit“ ausgeschlossene Minister für Staatssicherheit Wilhelm Zeisser, aber auch sein Nachfolger Ernst Wollweber von 1953-1957 gibt es dort zu sehen.
Der Werdegang von dem dritten Staatsminister Erich Mielke, der dann bis zur Wende 1989 gut 32 jahrelang dieses Amt ausübte, kann man dort ebenfalls lückenlos einsehen.
„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!“ – Das Motto des Sozialistischen Staates, wird gezielt als Hauptwaffe im Kampf gegen den „Feind – den Westen“ verwendet, und es entsteht ein bis Dato noch nie dagewesenes Überwachungssystem, das bis zur Wende 91.000 Mitarbeiter (Spitzel), und 189.000 ehrenamtliche Spitzel (Bürger) beschäftigte, die jede verdächtige Person auf Schritt und Tritt überwachten.
Die Ausstellung gibt hier einen tiefen Einblick in lückenlose Dokumentationen von Privatpersonen in Form von fast meterdicken Akten, in denen ALLES, aber wirklich ALLES erfasst wurde, was die jeweilige Person an einem Tag machte. Selbst sogar die Übergabe von einer Butter oder anderen Lebensmitteln an einen Nachbarn oder durch einen Nachbar sind dort dokumentiert. Eigentlich unfassbar.
Eine Videowand zeigt ebenfalls einen unglaublich erschütternden Bericht über die skrupellose Vorgehensweise der Stasimitarbeiter, die sich in einem günstigen Moment Zugang zu einer Privaträumlichkeit verschafften, und gleich darauf alles in der Wohnung systematisch durchsuchten und fotografierten, sowie jede handschriftliche Notiz ebenfalls dokumentiert festhielten. Mehr oder weniger fassungslos nehmen wir zur Kenntnis, dass den Beamten bereits eine Telefonnummer oder eine neue Adresse genügte, um auch dort die Räumlichkeiten zu durchsuchen, und nach Abweichlern des Systems zu fahnden.
Auch 3.000 westliche Spitzel waren aktiv. Der berühmteste von ihnen war wohl Günter Guillaume, der 1957 in die SPD eintrat, ab 1964 als Parteifunktionär tätig war, und 1972 persönlicher Referent des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt wurde.
Schicksale von bekannten Persönlichkeiten, darunter Wolf Biermann und Uta Franke sind ebenfalls ausgestellt. Das Leben Biermanns, der ja als Liedermacher Mitte der Siebziger Jahre von der DDR ausgebürgert wurde, und danach immer noch 13 Jahre (!) im Westen unter Beobachtung der Stasi stand, berührte uns genauso wie das Leben von Uta Franke, die ein Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erhielt, weil sie auf die Missstände in der DDR aufmerksam machte.
Uta Franke wurde dann von der Bundesrepublik Deutschland 1981 freigekauft, musste aber ihre Tochter noch einige Jahre in der DDR bei den Großeltern zurücklassen. Eine Audioaufnahme schildert tief berührend das Schicksal Frankes in Form eines Hörbuchs.
Die Ausstellung zeigt ebenfalls die einzelnen Aufstände in den Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes. So bekommen die Besucher den DDR-Aufstand vom 17. Juni 1953, die Rebellion Ungarns vom 23. Oktober 1956 und auch den Einmarsch der russischen Truppen in Prag vom 21. August 1968, inklusive aller Hintergründe ganz eindrucksvoll vor Augen geführt.
Bis zum 24. April 2016 ist diese sehr lehrreiche und sehenswerte Ausstellung noch in der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte zu sehen. Wer immer schon einmal erleben wollte, was es bedeutet auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden, und keine Privatsphäre mehr zu haben, der sollte die Gelegenheit nützen, und sich diese Eindrücke nicht entgehen lassen.
Bilder: Alexander Höfer
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