Träumen! – Nachdenken! und Schöngeist ins sich aufnehmen! – Der Poet und Übersetzer Steffen Popp las im Deutsch-Amerikanischen Institut Gedichte von der amerikanischen Lyrikerin Elizabeth Bishop!
Eigentlich wollten wir ja die Veranstaltung „Update Alzheimer“ besuchen, um unsere Kinder auf eine Krankheit aufmerksam zu machen, die man leider nicht wirklich verhindern kann, und die in den nächsten Jahrzehnten noch um ein Vielfaches ansteigen wird. Allerdings war das Interesse seitens der Bevölkerung an diesem Thema so groß, dass wir an diesem Abend leider keine Plätze mehr bekamen. Selbst alle Stehplätze waren alle bereits vergeben als wir im Deutsch-Amerikanischen Institut eintrafen.
Alternativ zum Vortrag „Update Alzheimer“ gab es heute allerdings noch eine zweite Veranstaltung in der Bibliothek des DAI – fast mit dem gleichen Thema, nämlich „Amerikanische Lyrik und Poesie“.
Darauf waren wir jetzt allerdings nicht wirklich vorbereitet. Aber wenn wir schon mal da sind, dann können wir auch ein bisschen Schöngeist in uns aufnehmen und natürlich auch mit nach Hause nehmen. Schöngeist ist nämlich die wesentlich bessere Alternative zu der traurigen Option „Wir fahren wieder mit leeren Händen nach Hause.“
Also nahmen wir diese Gelegenheit beim Schopfe, und ließen uns wenig später von dem Poeten und Übersetzer Steffen Popp in die Gedanken und Gedichte Elizabeth Bishops versinken. Die historische Lyrikerin verstarb vor genau 40 Jahren. Mit seinem gerade veröffentlichten Buch „Gedichte von Elizabeth Bishop“ kommen nun erstmals auch wir in den Genuss einer Literatur, die von ihrer Sprache und der Aneinanderreihung der Wörter sofort eine große Verwandtschaft zu dem weltberühmten Edgar Alle Poe erkennen lässt.
Lange Zeit war es ungewiss, ob sich ein Verleger für die Übersetzung der Werke einer toten Dichterin interessieren würde. Drei Jahre lang dauerte die Vorlaufzeit, bis Steffen Popp anfangen konnte, dieses große Unterfangen in die Tat umzusetzen. Die Übersetzung war nicht ganz so einfach wie bei anderen Lyrikern, die er bisher übersetzte. Fünfseitige Gedichte seien eine absolute Seltenheit, und man müsse sehr gut aufpassen, den roten Faden nicht zu verlieren, um alles sinngemäß ins Deutsche zu übersetzen.
Viele Pausen waren notwendig, um die Worte auf sich wirken zu lassen, genauso wie unzählige Nachbesserungen und Änderungen. Hier hatte Steffen Popp irgendwann für fast jedes Gedicht gleich mehrere Übersetzungen. Es kam auch vor, dass die neuste Version, obwohl besser übersetzt, nicht so schön klang, als eine wesentlich ältere. Auch heute gäbe es noch Zeilen im Buch, die er sehr gerne besser übersetzt hätte. Aber irgendwann tritt bei der ständigen Verbesserung vielleicht auch eine Verschlimmbesserung ein. Diese gilt es bei Gedichten unbedingt zu vermeiden
Dennoch zeigte sich der Poet mit dem Ergebnis zufrieden, enthält das Buch doch viele wunderschöne und zeitlose Gedichte, die indirekt auch das Leben der Elizabeth Bishop widerspiegeln. Sowohl ihre Reisen nach Europa, als auch ihre Zeit in Brasilien können wir in Worten gemalt nacherleben.
Besonders schon sind die Werke der Tiere. „Der Fisch“ oder „Der Elch“, zwei sehr lange Gedichte, die den Zuhörer auf eine weite Reise durch die Poesie führen, ohne überheblich oder „überkandidelt“ zu wirken.
Wie der Direktor des DAI Jakob J. Köllhofer bereits in seinen Begrüßungsworten deutlich machte: „Es gibt die Poeten der Götter, es gibt die Poeten der Menschen, und es gibt die Poeten der Poeten! – Heute gibt es leider oftmals nur noch die Poeten der Kritiker!“
„Es gibt aber noch eine weiter Rubrik, nämlich die Poeten der Poeten des Poeten“, und zu dieser Rubrik gehöre für Steffen Popp Elizabeth Bishop ganz klar dazu, denn sie entfacht mit ihren Worten in der Tat eine Magie, die uns unweigerlich ins Träumen und Nachdenken versetzte.
Zum Schluss noch eines ihrer bekanntesten Gedichte in deutscher Übersetzung:
Die Kunst
Die Kunst des Verlierens ist nicht schwer zu meistern.
So viele Dinge scheinen voll des Vorsatzes verloren zu gehen,
so dass ihr Verlust keine Katastrophe ist.
Verliere etwas jeden Tag. Akzeptiere das Kuddelmuddel
verlorener Haustürschlüssel, die vergeudete Stunde.
Die Kunst des Verlierens ist nicht schwer zu meistern.
Dann übe dich im weiteren, im schnelleren Verlieren.
Orte, Namen und wo du hinfahren wolltest.
Nichts davon wird eine Katastrophe hervorrufen.
Ich verlor die Uhr meiner Mutter, und sieh!
Mein letztes, oder fast letztes von drei Häusern ging dahin.
Die Kunst des Verlierens ist nicht schwer zu meistern.
Ich verlor zwei Städte, großartige. Und weiter noch,
einige Reiche, welche ich besaß, zwei Flüsse, einen Kontinent,
Ich vermisse sie, doch es war keine Katastrophe.
Sogar dich zu verlieren – die neckende Stimme, eine Geste,
die ich liebe – ich will nicht gelogen haben. Es ist offensichtlich.
Die Kunst des Verlierens ist nicht schwer zu meistern,
obwohl es ausgehen mag wie – Schreib es! – wie eine Katastrophe.
Bilder: Alexander Höfer
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