Crindcore, Doom-Metal, Rockabilly, Deutsch-Alternativ, Punk-Rock und Psychedelic! – Underground-Festival präsentierte einen EXTREMEN musikalischen Facettenreichtum beim 5. Winteraward im Jugendkulturzentrum FORUM!
Es war mit Sicherheit das mit Abstand abgefahrenste Musikfestival, das wir jemals besucht haben. Immer mit dem Anspruch etwas Anderes zu machen, und unseren Mitgliedern etwas Anderes zu bieten, besuchten wir, mehr oder weniger spontan das non-kommerzielle Underground-Festival des Rhein-Neckar-Kreises, das heuer zum fünften Mal von dem Verein Brückenaward e.V. im Mannheimer Jugendkulturzentrum FORUM durchgeführt wurde.
Der Verein Mannheimer Brückenaward e.V., der lustiger Weise aufgrund der Tatsache gegründet wurde, dass es in Mannheim für fast alles einen Award gibt, nur eben nicht für eine Brücke, organisiert seit sechs Jahren regelmäßig alternative Musikfestivals auf denen die Verantwortlichen rund um die Hauptverantwortlichen Joachim von Hunnius, Christian Bethke und Martin Feige mehr oder weniger unbekannten Nachwuchskünstlern die Möglichkeit bieten, dem Publikum ihre Musik live zum Besten zu geben. Der Clou bei der ganzen Sache ist jedes Mal der, dass bei dieser Veranstaltung überhaupt kein Award verliehen wird.
Doch bevor wir mit unserer Berichterstattung über diesen musikalisch-vielfältigen Abend beginnen, müssen wir Sie erstmals darauf hinweisen, dass das Weiterlesen dieses Artikels evtl. zu einer Beeinträchtigung oder Schädigung der Gehörgänge führen könnte. Um einen Hörsturz zu vermeiden, bitten wir Sie nun zu ihrer eigenen Sicherheit, zumindest bei der Zusammenfassung über die beiden ersten Musikgruppen, ihre Ohren entweder mit Watte oder mit Ohropax zu schützen, oder alternativ einen Bauarbeiterkopfhörer aufsetzen. Sollten Sie trotzdem während des Lesens oder nach Beendigung irgendwelche Beschwerden im Hörbereich feststellen, bitten wir Sie, umgehend ihren HNO-Arzt aufzusuchen. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis.
Den Anfang, des musikalisch extrem Grenzen sprengenden Abends, machte kurz nach 18.00 Uhr die Heidelberger Band STAGWOUNDER, was man vielleicht, wenn überhaupt, mit dem Begriff „Aktienverletzer“ ins Deutsche übersetzen kann. Zumindest der Bezeichnung „Verletzer“ machte die Band alle Ehre, denn sie ließ es gleich von Beginn an in einer Lautstärke krachen, die nicht nur die Grundmauern des FORUMS erschütterte. Gnadenlos hauten die fünf Heidelberger den Besuchern ihre persönliche Mischung aus Grindcore und Doom-Metal um die Ohren, ganz so, als wäre der Satan gerade höchstpersönlich aus der Hölle gekommen, um alle Bösen dieser Welt mit sofortiger Wirkung ertauben zu lassen.
Spätestens als sich zu den harten und unmelodischen Songstrukturen die atypischen, und bis zur Unkenntlichkeit verfremdeten, gutturalen Vokals gesellten, entstand auf der Bühne ein Szenario, das jegliche Zahnschmerzen sofort abtötete und sämtlichen Krankheitserregern eine derartige Schocktherapie verabreichte, das diese freiwillig das Zeitliche segneten.
Diesen Eindruck hatte offensichtlich auch das Waschbecken der Herrentoilette, und so verließ es fluchtartig das Gebäude, und positionierte sich samt Plattenvertäfelung schutzsuchend an der Rückwand des Vorplatzes (siehe Bild), während drinnen im Saal weiter ein explosives musikalisches Inferno loderte, bei dem man durchaus das Gefühl hatte, dass ein Winkelschleifer gerade mit einer Kreissäge den Beischlaf vollzog, und deren multipler Orgasmus in stahlbetonbrechender Ekstase bzw. presslufthammerähnlichen Stößen zum Ausdruck kam. „Alter Schlappe!“
Auch die zwei Band, die HYENAS, zu Deutsch „Die Hyänen“ aus Nürnberg, schlugen eine ähnlich harte Gangart an. Nicht ganz so unmelodisch wie ihre Vorgänger, dafür aber genauso laut und kompromisslos, schrie sich der durchaus charismatische Sänger buchstäblich die Seele aus dem Leib, und repräsentierte damit unmittelbar das Logo der Band – einen verschlossenen Sarg – der auch das aktuelle Tour-T-Shirt ziert. „Diese Musik weckt wirklich Tote auf!“, so nicht nur unser erster, sondern auch unser letzter Eindruck bei dem Anblick der Boxentürme, die schon bedenklich unter der Schwerlast dieser Show litten und angsterfüllt vibrierten.
Auch für die HYENAS brauchten die Besucher ganz starke Ohren, und eine unglaublich große Fantasie, um überhaupt ansatzweise die Worte verstehen zu können, die der Sänger hier gerade vom Stapel röhrte. Mit dem Zitat des Abends: „Nur Sex ist besser!“, entschieden sich unsere Vorsitzenden, auch ihrer Ohren wegen dafür, diese Band lieber vom Vorraum aus anzuhören, bzw. dem immer noch vor Angst zitternden Waschbecken auf dem Vorplatz des FORUMS ein wenig Gesellschaft zu leisten.
Nach diesen beiden Extrem-Gruppen, erfolgte der erste radikale musikalische Schnitt des heutigen Abends, denn es stand als nächstes, mit der Band LOS BANG BANG, eine wirklich geniale Rockabilly-Combo auf der Bühne. Bereits schon beim Soundcheck, und dem Einstellen der Instrumente, ließ die Gruppe die Lautstärke ganz entscheidend nach unten regulieren, sodass gleich darauf der berühmte Fender-Rhythmus klar, aber vor allem deutlich zu vernehmen war.
Danach zelebrierte die Band, rund um ihre tolle Sängerin den berühmten Rock’n’Roll- und Swing-Sound der Fünfziger Jahre par Excellence. Eigene Songs, die berühmten Nummern wie dem weltbekannten „Jailhouse-Rock“ oder dem unvergessenen „Be-Bop-A-Lula“ sehr nahe kamen, erfüllten den Saal mit großer Freude, und stimmten die Zuschauer sofort zum Mitklatschen, Mitsingen und Tanzen ein. „So darf es gerne weitergehen!“
Und so ging es dann auch weiter, denn mit der alternativen deutschen Band NEUFUNDLAND, standen wenig später fünf junge und sehr vielversprechende Musiker auf der Bühne. Im Soundcheck aufgrund der Keyboards und Samplemaschinen etwas länger benötigt, als die vorhergehenden Bands, erfreuten die Kölner Jungs das Publikum mit anspruchsvollen deutschen Texten und angenehm unkommerziellen Titeln, die auf große Begeisterung und Zustimmung beim Publikum stießen.
Moderne Beats und einprägsame Songs wie die aktuelle Single „Raus Raus“ und der am heutigen Abend nicht mehr aus dem Ohr gehende Refrain: „Wo sollen wir uns unterstellen, wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt?“, aus dem Titel „Unterstellen“, machten nicht nur richtig gute Laune, sondern ließen eine tolle Partystimmung aufkommen. Dementsprechend ernteten die Newcomer auch sehr viel dankbaren Applaus seitens des Publikums. In einer Zeit, in der Anspruchslosigkeit und Belanglosigkeit fast alle Bereiche unseres Alltages bestimmen, ist diese Band ein ganz großer Hoffnungsstern am musikalischen Horizont.
Gleich darauf folgte die nächste musikalische Stiländerung, denn mit dem belgischen Trio SLEEP KIT stand eine waschechte Punk-Band auf der Bühne, die gleich darauf, ebenfalls in einer akzeptablen Lautstärke die musikalischen Akzente zum Besten gab, was den eigentlichen PUNK ausmacht. Einfach, kompromisslos, teils mit frechen Texten, und teils mit lustigen, spielten sich die drei Musiker auf der Bühne in Fahrt. Wer auf die Musik von Green Day aus den Anfangstagen stand oder Ur-Punk-Formationen wie die Sex-Pistols sein Eigen nennt, war hier genau richtig, denn SLEEP KIT wussten mit Spielfreude durchaus zu gefallen, und lieferten in ihrem Set eine gute Performance ab.
Wer nicht so auf Punk stand, konnte aber auch fortan das Hinterzimmer des FORUMS besuchen, wo Stefan vom DJ-Trio Ste-Je-Ro zusammen mit der verantwortlichen Organisatorin Michelle bis spät in die Nacht hinein jazzangehauchte Lounge-Musik der Fünfziger und Sechziger Jahre à la „Summer Time“ und „Fever“ auflegte.
Zum großen Finale des Abends hatten die Veranstalter die Psychedelic-Rock-Band GRIMÉNY organisiert, und setzten somit dem kontrastreichen Musikprogramm die Krone auf. Passend zur Musik wurden spezielle Lichteffektstrahler auf die Bühne gestellt. Bereits wenig später verwandelten diese die Bühne in ein beruhigendes Türkis. In ihrer anschließenden Show zelebrierte die dreiköpfige Formation den berühmten musikalischen LSD-Trip, den man aus diesem Genre kennt. Ohne Sänger, rein instrumental, und verstärkt mit Effekt- und Soundgeräten, und zu der genialen analogen Lichtprojektion von Projektor Pearsons’s „licht om“ entlockten die Musiker ihren Instrumenten wahrlich schwebende Klänge und Bilder, die teilweise bewusstseinserweiternd jegliche Himisphäre sprengten und das Gehirn in magische Rauschzustände versetzten.
So gingen wir kurz vor Mitternacht erneut mit ganz neuen Eindrücken, aber auch etwas berauscht von einigen besonderen Hörerlebnissen dieses genialen Events nach Hause.
Bleibt zum Schluss noch zu erwähnen, dass sich das Waschbecken während dem Set von den LOS BANG BANG wieder zurück auf die Herrntoilette traute, und seinen eigentlichen Platz einnahm.
Bilder: Alexander Höfer
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