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(444) Astrid Arndt

Die gläserne Seite! – Der Ulysses für Jugendliche, oder doch der Roman für den Playmobilritter? – Astrid Arndt präsentierte ihren ersten Jugendroman im DAI!

Sehr viele Interessierte fanden sich beim letzten „Local-Monday“ im Deutsch-Amerikanischen Institut ein. Kein Wunder, erwarteten doch alle mit sehr großer Spannung die Veröffentlichung des ersten Jugendromans der Mannheimer Autorin Astrid Arndt. Autorin ist allerdings nur ein Bereich, indem sich die multiversierte Persönlichkeit bewegt. Bisher hatte sie in diesem Genre nur wissenschaftliche Literatur veröffentlicht. Einmal, so Astrid Arndt im Interview mit Jutta Wagner und Marcus Imbsweiler, wollte sie keine Sekundärliteratur veröffentlichen, sondern mit einem belletristischen Roman auch im Mittelpunkt stehen.

Astrid Arndt ist vielseitig talentiert. So studierte sie Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie, aber davor auch Musikpädagogik und Gesang. Sie ist ausgebildete Opernsängerin und arbeitete als Lehrbeauftrage an der Universität Bielefeld. Auch eine interessante und bewegte Kindheit ziert ihren Lebenslauf. So lebte die Münchnerin vom dritten bis zum 13. Lebensjahr in fünf verschiedenen Ländern und musste in dieser Zeit insgesamt 13 Mal die Schule wechseln. Eingeschult wurde sie in Beirut. Vor ihrem Umzug nach Mannheim hat sie lange Jahre in Detmold gewohnt, einer Kleinstadt in Ostwestfalen, deren Charakter sich auch teilweise in ihrem Buch „Die gläserne Seite“ wiederfindet.

Nach der Begrüßung von Jutta Wagner stand zunächst die interessante Vita Astrid Arndts im Mittelpunkt der Präsentation, bevor Moderator Marcus Imbsweiler auf die eigentliche Thematik des Buches zu sprechen kam, das gleichzeitig aufgrund seines sprachlich sehr hohen Niveaus und der geschickt-verstrickten Handlungsstränge für Jugendliche durchaus eine sehr große Herausforderung darstellt. 

In der Tat war es selbst für die Autorin nicht einfach, den Überblick zu behalten und die ganzen Personen und Handlungen am Ende wieder zu einem genialen Plot zusammenzuführen. Viele Zettel und mehrmaliges Durcharbeiten waren notwendig, um am Ende mit einem respektablen 400-seitigen Debütroman aufwarten zu können.

Gut fünf Jahre arbeitete Astrid Arndt an ihrem literarischen Baby. Besonders interessant ist auch die Typografie des Buches, die ähnlich wie bei Asterix und Obelix ihren Charakter verändert, je nachdem, welche Handlung gerade im Fokus steht. Das Buch selbst ist eine gesunde Mischung aus unterschiedlichen Genres. Es beinhaltet sowohl Fantasie, als auch Abenteuer und Realität, und die drei Protagonisten Alex, Jonas und Lea pendeln ständig zwischen diesen hin und her.

Jonas, der eine blühende Fantasie besitzt, sieht eines Tages beim Lesen von Mark Twains Buch Tom Sawyer zufällig durch eine gläserne Seite in einen Gully-Schacht hinein, wo er zwei Jungs aus dem 19. Jahrhundert entdeckt, die ein Fahrrad reparieren. Von da an beginnt ein turbulentes Abenteuer, verbunden mit unzähligen Folgen, die auch die Freundschaft mit seinem besten Freund Alex immer wieder aufs Spiel setzen.

Alex ist das völlige Konträr zu Jonas, aber eine vergleichbare Leseratte. Er ist ein Computerfreak und liebt Fußball, forscht aber für seine Referate auch mal im Stadtarchiv, denn das Fach Geschichte ist seine Leidenschaft.

Kopfsteinstraßenpflaster, Krämerläden, Fachwerkhäuser, die Kanalisation mit ihrem Gestank. Alles schildert die Autorin in ihrem Buch ganz exakt und lebendig. Auch die Handlung ist sehr bildhaft beschrieben, und die Kommunikation bewegt sich ebenfalls, wie bereits erwähnt, sprachlich auf einem sehr anspruchsvollen Niveau. Jonas und Alex, so viel wurde auch aus den vorgelesenen Buchseiten deutlich, stammen, trotz ihrer Fantasien, aus einem äußerst gebildeten Elternhaus, und besuchen dementsprechend das dortige Gymnasium.

Im Laufe der Zeit tritt Lea in ihre Mitte und verursacht einiges Chaos. Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht verraten.

Auf die Idee, eine Kanalisation in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken, ist Astrid Arndt durch ihre Tochter gekommen, die vor Jahren mal am Mannheimer Agenda-Diplom beim Einstieg in den Abwasserkanal teilgenommen hat. Das sei für sie ein ganz neues und sehr spannendes Erlebnis gewesen. So nahm Astrid Arndt die Beantwortung der einzigen Frage unseres Vorsitzenden Alexander Höfer vorweg und bestätigte damit gleichzeitig den Eindruck, den auch er von diesem großartigen Lernprogramm der Mannheimer Stadtentwässerung mit nach Hause nahm.

Fragen kamen nach dieser intensiven Präsentation nicht mehr viele. Eine Zuhörerin erwähnte nur kurz, dass ihr Mann dieses Buch schon gelesen hätte und es als „Ulysses für Kinder“ bezeichne, weil die Sätze teilweise doch ähnlich schwierige Zusammenhänge und Komplexitäten aufwiesen wie die von dem irischen Schriftsteller James Joyce, dessen Literatur und Gedankenkonstruktionen ja nicht für jeden Leser oder Literaturliebhaber zugänglich sind.

So ist das Erstlingswerk von Astrid Arndt nicht primär ein Jugendbuch, sondern auch ein Buch für Erwachsene oder den ehemaligen Playmobilritter, der sich hier mit dem einen oder anderen jungen „Helden“ sicherlich sehr gut identifizieren kann.

 

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