„Habt ihr noch alle Latten am Zaun?“ – PORT25 feierte seinen zweiten Geburtstag mit wunderschönen Schichtungen, extravagantem Jungbuschboot, genialen Bellettes und einem Walk-Man-DJ!
Seit zwei Jahren gibt es nun schon diesen tollen Raum der Gegenwartkunst PORT25 direkt an der Teufelsbrücke zwischen Pop-Akademie und C-HUB. In dieser Zeit haben wir dort ein paar ganz tolle und auch außergewöhnliche Ausstellungen miterleben dürfen, die unser Programm nachhaltig mit sehr vielen Anregungen und neuer Kreativität bereichert haben. Vielleicht ist das auch eines unserer ganz großen Geheimnisse, warum wir unseren Kindern, Jugendlichen und Familien regelmäßig so viele verschiedene und besondere Momente anbieten können. Die Bildende Kunst bildet hier im wahrsten Sinne des Wortes einen Grundstein für Aktivität, Bildung und in unserem Fall natürlich auch für neue und teilweise vergleichbar geniale Ideen.
Unabhängig davon ist das MACHEN, in diesem Fall das HINGEHEN, nach wie vor noch das Allerwichtigste. Gerade in der heutigen Zeit, in der sehr viele Träume und Wünsche, aber insbesondere die Bedürfnisse nach bunter Wertlosigkeit ganz bequem auf Knopfdruck von Zuhause aus erfüllt werden können, haben viele Menschen auf einmal sehr große Schwierigkeiten damit etwas zu machen oder nur irgendwo hinzugehen.
So hat es die Kunst heuer besonders schwer junge Leute zu erreichen, oder sie aus ihrem gemütlichen Schneckenhäuschen herauszulocken. Alles scheint wichtiger. Der realitätsfremde Actionfilm oder die 3.527 Folge einer Serie im Fernsehen, die Small-Talk-Unterhaltung mit der Nachbarin auf Facebook, das 08/15-Kurzvideo auf youtube, oder bei Kindern eben das Spielen vor einer farbenfrohen Kulisse der Spielkonsolen und Handys.
Den eigentlichen Wert, oder auch die Wertlosigkeit einer Sache, erkennen können, genau hinschauen, kritisch darüber nachdenken, was man gerade sieht, bzw. was man macht und vor allem, sich damit auseinanderzusetzen, ob das, was man gerade tut eigentlich sinnvoll ist für sein Leben, sein Wissen, seine Gesundheit oder sein Wohlbefinden; diese wichtigen Eigenschaften werden durch den medialen Konsum unweigerlich negativ beeinträchtigt, und rauben vielen Menschen, insbesondere Kindern und Jugendlichen langfristig den Bezug zum eigentlichen Leben, das eben im Jetzt und oft grauen und kalten Hier, und nicht in der wunderschön-farbenfrohen virtuellen Welt stattfindet.
Die Verantwortlichen von PORT25, Kuratorin Stefanie Kleinsorge und Ausstellungsleiterin Yvonne Vogel gehen hier schon seit der Geburt vor zwei Jahren einen antinormopathischen Weg, und führen den Kunstinteressierten immer wieder aufs Neue, sehr interessante Kunstgenres und ganz wichtige Themengebiete sehr eindrucksvoll Augen.
So auch bei der neuen Ausstellung „Schichtung“. Im Hackmuseum im letzten Jahr einen Teil dieser Kunstform und diese Maltechnik das erste Mal in einem Workshop kennengelernt, freuten wir uns natürlich sehr auf diese aktuelle Ausstellung, die die Arbeit von fünf Künstlern repräsentiert. Hier bietet der PORT25 regelmäßig hiesigen Kunstschöpfern die Gelegenheit auszustellen.
Den ersten Eyecatcher beim Betreten des Ausstellungsraumes lieferte uns der aus Brasilien stammende und schon seit langen Jahren in Mannheim lebende Francisco Klinger Carvalho. Ganz nach dem Spruch: „Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun?“, installierte der Situationskünstler mit der Integration des dortigen Fahrstuhls, ein aus Latten bestehendes Jungbusch-Boot in die Räumlichkeit.
„Das erneute Treffen des Reisenden in dem gleichen Ort nach 20 Jahren“, heißt sein Werk, das geliehene Gegenstände aus den Gaststätten und Einrichtungen des Jungbuschs in einem Boot umschließt. Hell erleuchtet vereint es auf geniale Art und Weise quasi alles, was es in diesem doch sehr düsteren Mannheimer Stadtteil gibt. Krönung dieser Installation ist allerdings der ebenfalls umzäunte Fernseher, der uns die mediale Gefangenschaft direkt vor Augen führte.
In der anschließenden Eröffnungsrede bedankte sich Kuratorin Stefanie Kleinsorge nicht nur ganz herzlich bei den vielen treuen Besuchern der mittlerweile 17. Ausstellung, sondern auch bei ihrem fleißigen Team, das sie schon seit zwei Jahren bei den Vorbereitungen und Durchführungen unglaublich tatkräftig unterstützt. In ihrer Rede machte sie deutlich, wie wichtig es dem PORT25 sei, hiesigen Künstlern eine Plattform zu bieten, um ihre Kunst transparent vermitteln zu können, und freute sich ganz besonders, dass alle fünf Aussteller anwesend waren. Darunter auch die beiden Mannheimer Malerinnen Jutta Grell und Myriam Holme, die jeweils eine ganz unterschiedliche Herangehensweise im Bereich der Schichtungen haben.
Während wir von Jutta Grell neben einer Postkartensammlung auch figurenähnlich Felsenmalerei bewundern können, deren Bilder auf unterschiedlichen Materialen ohne Schablone gemalt und geritzt wurden, bietet uns Myriam Holme Gemälde, die mit flüssiger Seife beschichtet wurden. Auch hier schabte und ritzte die Künstlerin viele Ornamente und Bögen in ihr Werk hinein, ließ jedoch zusätzlich noch Tinte einfließen und verewigte darin ebenfalls ihre Fingerkuppen als persönlichen Abdruck.
Ältester Aussteller war mit 80 Jahren der Heidelberger Herbert A. Jung. Er präsentierte in seinem Teil der Ausstellung Bilder mit mehrdimensionalen Schichtungen. Beim Betrachten hatte man das Gefühl, dass man durch einen See in mehrere Welten gleichzeitig hineinblickt. Stufenweise wird der Betrachter ganz tief in diese kreative Welt hineingezogen, und kann auf einmal auch menschliche Figuren im hinteren Raum des Bildes wahrnehmen. Mal schwarz, mal weiß, mal düster mal freundlich, doch immer mit einem Teint der Natur verbunden, wirken die Werke eigenständig und besonders.
Die Schweizer Künstlerin Susanne Leyner, die eigens aus Basel zu dieser Eröffnung angereist kam, erklärte uns in ihrem sympathischen „Schwitzerdütsch“ die Entstehung ihrer „Ballettes“. Die bunten und konfettiähnlichen Kunstwerke sehen ein wenig aus wie Motankas, also geflochtene Puppen. Ihre Entstehung ist aber weit außergewöhnlicher, um nicht zu sagen wesentlich genialer, als die ukrainische Puppentradition, denn sie sind eigentlich ein „Abfallprodukt“ des eigentlichen Kunstwerkes, nämlich der mit Acrylfarbe bespritzten Würfel. Hierfür nahm die Künstlerin die Farbe, und schleuderte sie mit einer Handbewegung in Richtung der Würfel. Dabei flog natürlich auch nicht unwesentlich viel Farbe in langgezogenen Bindfäden daneben. Diese Reste bündelte die Künstlerin und formte sie zu diesen prächtigen Puppen zusammen. „Resteverwertung par Excellence“, kann man hier nur sagen. Und wir sagen wie immer vielen Dank an das von Team von PORT25 für diesen wunderschönen und neuen kreativen Input, der gen Abend dann noch vom Walkman-DJ Nicolas Reinhart des Kalamariklubs musikalisch versüßt wurde. Einen DJ, der mit Walkmans auflegt, haben wir auch noch nicht gesehen. Aber in der Kunst ist alles möglich, genauso wie hier bei uns im ANIMUS KLUB.
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Eine Idee war nur dann wirklich richtig gut, wenn sie verwirklicht wurde!
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