Leib und Seele! – Landscaping – Und die exquisite Inspiration Matisse! – Mannheimer Kunsthalle präsentiert genreübergreifende Kunstschätze und glänzende Werke aus mehreren Epochen!
Unser letzter Besuch in der Mannheimer Kunsthalle ist schon einige Zeit her. Grund dafür waren nicht nur die Umbauarbeiten, sondern auch die Situation, dass unsere ehemaligen Kinder dort regelmäßig ein oder zwei Mal im Monat mit ihrer Schule zu Gast waren, um Kunst direkt vor Ort zu erleben. Eine sehr lobenswerte Idee, gerade hinsichtlich der Diversifizierung des „normalen“ Unterrichts, weil der Lerneffekt vor Ort Kunst zu erleben und die dabei gewonnen Inspirationen im Anschluss danach in eigene Kreativität umzusetzen, um ein Vielfaches höher ist, als in der Schule.
In der neuen Kunsthalle waren wir bisher noch nicht. Umso mehr freuten wir auf die Ausstellungen, und vor allem darauf, was sich hinter der AuraAroma Ω-Beule von John Bock verbergen sollte. Die Aura selbst, ist ja die Ausstrahlung eines Menschen oder einer Sache. Das Aroma beschreibt den Duft, die Kopfnote, bzw. die Herznote. Ist das AuraAroma vielleicht eine Kombination aus Beidem, und was hat eine Ω-Beule damit zu tun? – Das waren die interessanten Fragen, die uns beim Betreten der Kunsthalle innerlich verfolgten.
Des Rätsels Lösung sollte wenig später schon gefunden sein. Kunst ja eine Mischung aus Fantasie und eigener Interpretation des Gesehenen. „Wie wirkt die ausgestellte Kunst auf mich? – Wie fühle ich mich? – Weckt sie Neugierde in mir? – Oder möchte sie mich verführen? – So spiegelt unser Bericht wie immer nur unsere persönlichen Empfindungen und Gedanken wieder.
In der Ω-Beule im Kubus-1-Bereich der Kunsthalle angekommen, da sprühte uns sofort die allgemeine Aura eines Künstlers entgegen, denn der Schreibtisch einer kreativen Person ist niemals aufgeräumt, und ist gekennzeichnet durch eine „besondere Ordnung“, oder ein systematisches Chaos. Wir kommen hier in den Genuss absolut skurriler Dinge: „Ein voyeuristischer Blick der Neugierde durch ein Schlüsselloch in Form einer Vulva – ein wachsamer Büffel, der Mitte des Schreibtischs alles im Blick hatte – sowie eine Bohrmaschine, die einen Plastikbecher auf geniale Art und Weise in sich verdrehte.“
In einem Künstleratelier stellen ja hin und wieder auch Modelle ihre Schönheiten zur Schau, die dann meist als Aktgemälde verewigt werden. Hier stelle John Bock eine posierende, bildschöne Traumfrau mit Idealmaßen als Skulptur in den Raum.
Dahinter befand sich dann der Aroma-Bereich. Beim Betreten roch es nach Stroh, Hase und Kaninchen, und die Räumlichkeit versprühten den Charme eines idealen Teenie-Liebesnests. „Der erste Kuss. Das erste heimliche Berühren – in der Scheune, auf dem Heuboden oder hinter dem Haus, bzw. im dunklen Keller.
Zwischen spannungsgeladenen Lernutensilien – einem mit Stromkabel verbundenen Englischwörterbuch oder wahllos herumliegende Schulutensilien – gab es versteckt in einem doppelten Boden jede Menge Krimskrams zu entdecken, welche die Atmosphäre von Abgelegenheit und Abgeschiedenheit weiter darstellten. Passend zu dieser perfekten Verborgenheit, lief ein Film, bei dem zwei Teenager hastig ihre ersten romantischen, und wie eine herunterhängende Chilischote symbolisierte, richtig scharfen Küsse austauschten.
Landscaping hieß die zweite Ausstellung auf der Kubus-Ebene. Diese präsentierte uns die innovative Kunst des 19. Jahrhunderts, eine Mischung aus landschaftlichem Stillleben und exzellenter Portraitmalerei.
Hier sind bedeutende Künstler dieser Epoche ausgestellt, die uns allesamt mit der Frage konfrontieren, wie eigentlich unser Verhältnis zur Natur aussieht. „Können wir noch einen Gefallen an realen Dingen empfinden. Können wir Bäume, Flora und Fauna noch wertschätzen, oder nehmen wir uns genügend Zeit die Natur und die Umwelt in uns aufzunehmen?“
Dementsprechend erwartete uns ein riesiger, magischer, dreidimensionaler Rhomboid auf den ein wundersames Urwaldszenario projiziert war. Das ganz besondere dieses Ausstellungsbereiches, war die auditive Begleitung mit authentischen Wald- und Naturgeräuschen. Das Rauschen der Blätter, das Zwitschern der Vögel und das Fließen von kleinen Bächlein.
Die Werke „Kyffhäuser 1878“ von Edmund Kanold – „Gasthaus Lahnthaler 1873“ von Carl Schuch – sowie „Wasserfall bei Torbole am Gardasee 1855“ von Anselm Feuerbach und „Campagnalandschaft mit Aquädukt 1833“ von Heinrich Bürkel möchten wir hier als kleinen Appetitanreger für den Besuch der Ausstellung präsentieren.
Im nächsten Kubus-Bereich war die Ausstellung „Leib und Seele“ des Mannheimer Bildhauers und Künstlers Gustav Seitz zu sehen.
Neben einem Selbstbildnis, verewigte der Nachkriegskünstler auch die Köpfe bedeutende Musiker wie Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner oder Joseph Haydn in Bronzeguss. Hier gab es noch eine Reihe von ganz außergewöhnlichen, teils horrorähnlichen männlichen Skulpturen zu sehen, die aber nicht wirklich unseren Kunstgeschmack trafen.
Vorbei an einer genialen Himmelsleiter aus Krankenbetten, die durchaus unsere Gesellschaft charakterisiert, wie sie sich systematisch zu Tode kränkelt, und zu der wehleidigen Melodie, die zwei automatische Geigen, an der Wand hängend von sich gaben, betraten wir den nächsten Kubus-Bereich.
Hier waren die großen modernen Meister ausgehängt. Werke von Max Ernst, August Macke, Claude Monet, Rupprecht Geiger, Wassily Kandinsky, Wilhelm Leibl, Paul Cézanne, Emil Nolde und Marc Chagall, um nur einige aufzuführen.
Wir kommen also in den Genuss von einer Mischung aus Realismus, also Stillleben und Portraitmalerei einerseits sowie Russische Avantgarde, Décalcomanie und Expressionismus andererseits. Für unsere Begriffe einfach wunderschön und abwechslungsreich.
Als Höhepunkt gab es in diesem Bereich noch das große Meisterwerk „L’exécution de l’empeurer Maximilien 1868-1869“ von Éduard Manet zu sehen, das wir hier aber nicht präsentieren möchten.
Das große Finale unseres Besuches machte natürlich die Sonderausstellung „INSPIRATION MATISSE“ – Hier hat die Kunsthalle wahrlich keine Kosten und Mühen gescheut eine sensationelle Ausstellung dieses großen Künstlers zusammenzustellen. Das Besondere an Matisse. Noch heute strahlen die teilweise über 100 Jahre alten Werke eine Magie aus, die Seltenheitswert besitzt. So glitzern zum Beispiel Farben des Wassers authentisch und atemberaubend. Auch die Portraitbilder glänzen, wie wenn sie von dem Künstler seinerzeit mit einer besonderen Metallic-Lackierung überzogen worden wären. Ein Fotografieren war hier natürlich nicht erlaubt. Deshalb gibt es hier zum Schluss unseres Berichtes noch ein paar Eindrücke aus den vier Kubus-Bereichen, die wir besucht haben.
Fazit: Unser Besuch in der neuen Mannheimer Kunsthalle war ein besonderer Rausch der Sinne, und wir sind sicher, dass wir bald wieder vorbeischauen werden, um uns auch noch die anderen Ausstellungen zu Gemüte zu führen.
Bilder: Alexander Höfer
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